Saturday, October 28, 2006

Facharbeit

1. Vorwort:

Zugegeben: Ich bin Schüler des Gymnasiums Lindenberg und verfasse diese Arbeit aus Pflicht.
Abbildung 1 : „Wasserfall“

2. Einleitung:

„Wir alle wissen, daß Kunst nicht die Wahrheit ist. Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt, wenigstens die Wahrheit, die wir als Menschen begreifen können.“ (Pablo Picasso 1923)

Da Vinci, Goethe und Mozart haben alle etwas gemeinsam: Sie sind Künstler, die versuchen die Welt zu beschreiben und das Ungreifbare greifbar zu machen. Ob in Bild, Wort oder Ton, sie sprechen dieselbe Sprache: So weckt die Musik eines Beethoven Bilder im Kopf, während die Wortgewalt eines Goethe Musik in den Ohren erklingen lässt. Man assoziiert bewusst und unbewusst mit jedem Kunstwerk ein Gefühl, eine Erinnerung oder eine Vision. Kunst spricht alle Sinne an.
Das Folgende wird sich mit zwei großen Künstlern und Kunstwerken befassen: Stanley Kubricks „Eyes wide shut“ (1999) im Bezug auf Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ (1925).
Auf diese Fragen soll eine Antwort gefunden werden: Wie sieht das Leben, die Persönlichkeit und das Werk von Schnitzler und Kubrick aus? Inwiefern bildet die Handlung der „Traumnovelle“ die inhaltliche Grundlage von „Eyes wide shut“? Was unterscheidet sie inhaltlich und strukturell? In welchem Zusammenhang stehen Freud und die „Traumnovelle“? Was hat die „Traumnovelle“ mit einem Märchen gemeinsam? Was für eine Funktion hat die Musik in „Eyes wide shut“? Wie ist die Farbsymbolik in „Eyes wide shut“ zu verstehen?










3. Leben und Werk

3.1 Arthur Schnitzler:


Abbildung 2 : Arthur Schnitzler (1862 – 1931)

Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 in Wien geboren. Sein Vater war erfolgreicher Arzt und brachte es bis zum Regierungsrat, während seine Mutter musisch veranlagt war. Wenige Stunden nach der Geburt lag Schnitzler auf einem Schreibtisch, was ihm sein Vater oft erzählte:
„Ob mir diesen für einen Säugling immerhin ungewöhnlichen Aufenthaltsort die Hebamme oder mein Vater selbst zugewiesen hatte, weiß ich nicht mehr; - jedenfalls gab die Tatsache immer wieder Anla[ss] zu einer nahe liegenden scherzhaften Bemerkung meiner schriftstellerischen Laufbahn “
Arthur Schnitzler ist eine Ausnahmeerscheinung. Er war erfolgreich als Arzt, grandioser Dichter und intuitiver Psychologe. Sein gewaltiges Werk bildet die Grundlage zahlreicher Theaterstücke und Filme. Arthur Schnitzler wuchs in der Wiener Kaiserstadt auf. Er sollte Zeuge einer revolutionären Epoche werden, deren geistige Grundlagen die Moderne einleiten. Seine Jugend in Wien fiel in die Blütezeit des Historismus und Liberalismus und wurde prägend für ihn. Im Wiener Burgtheater erschloss sich ihm eine „Welt der Anregungen, der Verkleidungen, der lustigen und traurigen Späße (...), eine Welt des Spiels mit einem Wort, über deren Unwirklichkeit (...) keinen Augenblick ein Irrtum walten konnte“. Durch die Tätigkeit seines Vaters wurde er sich schon früh der Unvermeidbarkeit des Todes bewusst. Daraus entstanden jene Grundmotive von dem Ineinanderfließen von „Ernst und Spiel, Leben und Komödie, Wahrheit und Lüge“ , die ihn auch jenseits des Theaters und aller Theaterei, ja sogar über die Kunst hinaus, zeit seines Lebens bewegten und beschäftigten. Wie es in bürgerlichen Haushalten üblich war, lernte Schnitzler Klavierspielen und brachte es zu einer hervorragenden Technik des Improvisierens und Komponierens, die ihn zu privaten Anlässen brillieren ließ. Als junger Mann lernte er noch Brahms und Johann Strauß kennen. Schnitzler begann früh mit seinen dichterischen Unternehmungen, diese wurden aber von seinem Vater wenig geschätzt. Immerhin wurde der junge Schnitzler eine Art Reiseberichterstatter seines Vaters. Die Schriftstellerei und das Theater wurden sein Leben, neben seinen zahlreichen Frauen.
Nach dem Besuch des akademischen Gymnasiums in Wien promovierte Schnitzler 1885 zum „Doktor der gesamten Heilkunde“. Während dieser Zeit lernte er Freud kennen, es blieb jedoch bei geringem freundschaftlichem Kontakt trotz ihrer Gemeinsamkeiten. Ein Buchtitel von Theodor Reik lautet „Arthur Schnitzler als Psycholog[e]“ (1913). Der zum „Fin de siècle“ aufkommende Antisemitismus wurde für ihn als Jude Bestandteil seines Werkes und Lebens. Studienreisen brachten ihn nach Berlin, Paris und London. Widerwillig, gedrängt und gefordert von seinem Vater begann er eine erfolgreiche Laufbahn als Arzt in der 1871 von seinem Vater gegründeten „Allgemeinen Poliklinik“ in Wien. Im „Café Griensteidl“ , dem Treffpunkt einiger bedeutender Jungwiener Autoren macht Schnitzler Bekanntschaft mit Hermann Bahr und Hugo v. Hofmannsthal. Diese drei Autoren waren wohl die größten Talente dieses Kreises junger Schriftsteller. Ihre Wege verliefen parallel, aber doch getrennt. Ab 1879 schrieb Schnitzler bis zu seinem Tod an seinen „Tagebüchern“. Im selben Jahr lernte er seine Jugendliebe, Franziska Reich, kennen. 1880 waren „Liebeslied der Ballerine“ (VE 1880) und „Über den Patriotismus“ (VE 1880) seine ersten Veröffentlichungen. 1886 lernte er Olga Waissnix kennen und begann regelmäßig Gedichte, Prosaskizzen und Aphorismen zu veröffentlichen. Olga Waissnix wurde Vorlage seines Werkes „Abenteuer seines Lebens“ (VE 1888, UA 1891). 1888 begann er mit der Arbeit an „Anatol“ (VE 1893, UA 1910). 1889 veröffentlichte Schnitzler u.a. seine einzige größere medizinische Arbeit „Über funktionelle Aphonie und ihre Behandlung durch Hypnose und Suggestion“ (VE 1889). Im selben Jahr begann er ein Verhältnis mit der Schauspielerin Marie Glümer. Seine literarische Anerkennung in der Öffentlichkeit begann 1891, er publizierte im selben Jahr das Bühnenmanuskript „Das Märchen“ (VE 1891, BA 1894, UA 1893). 1892 vollendete er sein erstes bedeutendes Werk den „Anatol“ – Zyklus und hatte ersten Kontakt mit Karl Kraus. „Anatol“ ist mit einer Einleitung Hugo v. Hofmannsthals, den er hoch schätzte, versehen und zugleich der Höhepunkt ihrer literarischen Beziehung. Mit keiner seiner Figuren wurde Schnitzler so häufig und beharrlich identifiziert wie mit Anatol. Das Stück spielt „in jenem leichten, so scheinbar oberflächlichen Milieu“ , das mit Schnitzlers Werk von jeher assoziiert wird. Es stellt auch die Probleme des „unrettbaren Ichs“ dar, was Ernst Machs Überlegungen folgt. 1893 betrog ihn seine Geliebte Marie Glümer, er war schwer getroffen und wütend, obwohl er selbst viele Liebesverhältnisse hatte. Sein Vater starb, worauf er die Poliklinik verließ und eine Privatpraxis gründete. Im Sommer 1893 folgte die Uraufführung des „Märchens“, sein erstes abendfüllendes Theaterstück. Felix Salten schrieb über die Vorstellung:
„Das Stück wurde ausgelacht, verhöhnt beschimpft, in tausend Fetzen gerissen. (...) In diesem Stück war der Duft des Frühlings, der Jugend, der Liebe. Und diese Jugend entblößte ihr Herz und wies die subtile, kleine, tödliche Wunde, aus der es blutete.“
Schnitzler galt in der breiten Öffentlichkeit als Pessimist. Sein Werk war oft provokativ und anstößig, für die damaligen biederen Verhältnisse zu revolutionär. 1894 begann sein langjähriger Briefwechsel mit dem dänischen Kritiker, Literaturhistoriker und Schriftsteller Georg Brandes. 1895 wurde „Liebelei“ (UA 1895, BA 1896) uraufgeführt, was sein durchschlagender Erfolg wurde: Im Werk „Liebelei“ begreift Christine nicht, dass der Student Fritz ihre Liebseligkeit zwar genießt, aber nicht mit gleicher Unbedingtheit zu teilen vermag. Fritz stirbt wegen einer Frauengeschichte im Duell. Das Motiv der Liebe war eines der Hauptanliegen Schnitzlers, auch wurde die Kritik Schnitzlers an den Konventionen der Gesellschaft sichtbar. Otto Brahm wurde einer der wichtigsten Förderer Schnitzlers. 1895 begann Schnitzlers Ohrenleiden, er vernahm fortan immer stärker werdende quälende Geräusche im Ohr. 1897 wurde sein Kind, das er mit Marie Reinhard zeugte, tot geboren. 1899 wurde sein Einakter „Der grüne Kakadu“ (UA, VE, BA 1899) uraufgeführt. „Der grüne Kakadu“ behandelt eines der wichtigsten Phänomene des Fin de siècle: Das des Seins und des Scheins. Außerhalb des deutschsprachigen Raumes wurde Schnitzler in Russland am stärksten beachtet. Leo Trotzki über Schnitzler:
„Zum Leben steht er wie zu der Geliebten und zur Geliebten wie zum Leben (...). Und dann - vergesst den Tod nicht, den Tod, der unseren Genüssen einen besonderen tragischen Glanz gibt, der sie noch zauberhafter und wahnsinnig begehrenswert macht.“
Schnitzler war ein intelligenter Genussmensch, der viele Frauen hatte und der die kleinbürgerliche Welt in ihrer Ungeheuerlichkeit (z.B. Antisemitismus) sowie in ihrer Heuchelei (z.B. Sexualmoral) verachtete. Er legte ihren verseuchten psychologischen Grund in artistischer Hülle bloß. 1900 folgte der „Reigen“ (PD 1900, VE, BA 1903, UA 1920), das „ein Meisterstück des strengen Satzes“ ist: Zehn Typen bilden zehnmal ein Paar. Zehnmal steigt die Temperatur vom Nullpunkt zum Siedepunkt und wieder zurück. Sie erscheinen wie Marionetten an unsichtbaren Fäden, die immer auf die gleichen Anreize und Antriebe reagieren. Ein Buch, das die Sexualmoral der Jahrhundertwende verhöhnte. Außerdem erschien die Novelle „Leutnant Gustl“ (VE 1900, BA 1901): Schnitzler traktierte die Frage von Ehrenhändeln und Duell. Zudem führte dieses Werk die Technik des inneren Monologs ein. Es folgte heftige Kritik der konservativen und antisemitischen Presse, von der er schon häufig attackiert wurde. 1902 wurde sein Sohn Heinrich geboren. 1903 heiratete er Olga Gussmann, die Mutter seines Sohnes, mit der er bis 1921 verheiratet blieb. 1904 wurde „Der einsame Weg“ (UA, BA 1904) uraufgeführt, eine Tragödie des Egoismus. Der „Reigen“ wurde im gleichen Jahr in Deutschland verboten. 1908 lernte er Stefan Zweig kennen. Im selben Jahr wurde seine Tochter Lili geboren. 1910 erschien „Der junge Medardus“ (BA 1910), eine nach seinen eigenen Aussagen „dramatische Historie“ , und seine Pantomime „Der Schleier der Pierrette“ (UA 1910) wurde uraufgeführt. Im selben Jahr zog Schnitzler in das Haus Sternwartstraße 71, wo er bis zu seinem Tode lebte. In dieser Zeit lernte er Heinrich und Thomas Mann kennen. 1911 wurde die Tragikomödie „Das weite Land“ (UA, BA 1911) in Berlin uraufgeführt: Ein Werk über das Dilemma der Ehe und Treue – ein bevorzugtes Motiv in Schnitzlers Werk. Otto Brahm schrieb an Arthur Schnitzler: „Es scheint mir nicht nur dichterisch als Höhepunkt in Ihrem Schaffen (...), nicht nur ausgezeichnet in der Charakteristik (...), sondern auch durchaus neuartig im Stil“. Schnitzler schrieb darüber in seinen Tagebüchern am 14. Juni 1915:
„Das Stück [ist] eins der sehr wenigen, zu denen ich mich bedingungslos bekenne. (...)Empfind ich bei so vielem von mir, dass ich weniger bin, als das was man einen „Künstler“ nenne: - hier bin ich etwas mehr.“
Im Jahr 1911 erschien auch „Die Hirtenflöte“ (VE 1911, BA 1912), eine Novelle über den unauflösbaren Widerspruch zwischen Lockung und Zurückhaltung und den Konflikt zwischen Verantwortung und Verpflichtung. Zum 50. Geburtstag Schnitzlers schrieb Georg Brandes sehr treffend:
„Als Arzt gewohnt, das Kranke zu behandeln und mit dem Gedanken an den Tod vertraut, hat er viel von der Gesichtsweise des Arztes in seinem psychologischen Blick, auch etwas von der Unempfindlichkeit des Arztes in seiner ruhigen Haltung. Als Weltmann von der Ironie des Lebens durchdrungen, beobachtet er mit überraschender Schärfe, ist witzig wie kein anderer in der Wiedergabe seiner Komik (Anatol, Gustl, Reigen). Als Dichter vermag er den ganzen Zauber und die ganze Existenz darzustellen, den Zauber, der uns entzückt, die Grausamkeit, die uns vernichtet, all das, was einmal doktrinär das Schöne und Tragische hieß. Er sagt: Daß die Frauen so lieblich sind und die Kunst so herrlich ist, macht das Leben reich. Daß jegliches Glück teuer erkauft und so flüchtig ist, macht das Leben schwer. Daß uns das Unglück immer droht, und daß der Tod so nahe ist, macht das Leben unsicher, unheimlich und kostbar.“
1912 veröffentlichte er „Professor Bernhardi“ (UA, BA 1912) als Reaktion auf die judenfeindliche Haltung der Öffentlichkeit. Kurz darauf wurde es in Österreich von der Zensur verboten. Noch vor dem I. Weltkrieg (1914 – 1918) schrieb Schnitzler seine Werke „Komödie der Worte“ (VE, BA 1915, UA 1924), es behandelt im allgemeinen Lebensenttäuschungen, und „Fink und Federbusch“ (UA, BA 1916), ein Werk über die Korrumpierbarkeit der Presse, nieder. Schnitzler sah den Krieg als „idiotisches Heldentum“ . Er wurde aus Altersgründen nicht zum Kriegsdienst einberufen und kritisiert in seinen Tagebüchern diejenigen, die sich an der Kriegspropaganda beteiligten. 1915 begann Schnitzler mit der Arbeit an seiner Autobiographie „Jugend in Wien“. Schnitzler beantwortete den Krieg mit Schweigen. Seine Aufzeichnungen „Und einmal wird der Friede kommen“ erschienen erst 1939 unter dem Titel „Über Krieg und Frieden“ (VE 1939). Im Werk nach dem Krieg steht nicht mehr der angreifende Mensch im Mittelpunkt, sondern der angegriffene Mensch. Der Mensch wird pathologisches Objekt. In diesem Sinne entstanden „Doktor Gräsler, Badearzt“ (VE, BA 1917), „Casanovas Heimfahrt“ (VE, BA 1918), „Flucht in die Finsternis“ (VE 1931), „Fräulein Else“ (VE, BA 1924), „Die Frau des Richters“ (VE, BA 1925), „Spiel im Morgengrauen“ (VE 1926, BA 1927) und „Therese“ (BA 1928). 1920 folgte die Uraufführung des „Reigen“ in Berlin. Nach weiteren Vorführungen wurde 1921 der „Reigen“ – Prozess gegen Schnitzler eröffnet: Schnitzler war angeklagt „durch unzüchtige Handlungen öffentlich ein Ärgernis gegeben zu haben“ , wurde aber freigesprochen. 1923 wurde Schnitzler Ehrenpräsident des PEN – Clubs. 1924 erschien die „Komödie der Verführung“ (VE, BA 1924). Mit der Veröffentlichung von „Fräulein Else“ griff Schnitzler ein Vierteljahrhundert später die Technik des inneren Monologs aus „Leutnant Gustl“ wieder auf. Neben seiner dichterischen Darstellung zeichnet die Novelle das Problem des Unbewussten, des Traumes und der Wirklichkeit aus. 1924 vollendete Schnitzler die „Traumnovelle“ (VE 1925, BA 1926), die erstmals von 1925 – 1926 in der Zeitschrift „Die Dame“ erschien. Die Idee zur „Traumnovelle“ hatte er bereits 1907. 1927 wurde „Liebelei“ verfilmt, wobei Schnitzler das Drehbuch schrieb. 1928 beging seine Tochter Lili Selbstmord, was ihn schwer traf. In diesem Jahr fand auch die Premiere des Stummfilms „Freiwild“ statt, von Schnitzler stammte das Drehbuch.
„Im Spiel der Sommerlüfte“ (UA 1929, BA 1930) und „Der Gang zum Weiher“ (BA 1926, UA 1931) wurden in seinen letzten Lebensjahren uraufgeführt. Unvollendet blieben der „Zug der Schatten“ und eine Wiederaufnahme des alten „Märchen“ –Themas. Seine letzte Veröffentlichung war 1931 ein Vorabdruck des Werkes „Flucht in die Finsternis“. Seine letzten Lebensjahre konzentrierten sich vor allem auf die Wirkung seines erzählerischen Werkes und den Film. Der Film überwog andere künstlerische Rezeptionen (Theater, Konzert) seit längerem, was mit seiner verminderten Hörfähigkeit und der Faszination durch das neue Medium zusammenhing.
Schnitzler war Künstler und Wissenschaftler. Er schuf ein wortgewaltiges Werk und verband diese dichterische Kunst mit psychoanalytischen Aspekten, zudem führte er neue literarische Techniken wie z. B. den inneren Monolog ein. Am 21. Oktober 1931 wurde Schnitzler 59–jährig auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.














3.2 Stanley Kubrick:


Abbildung 3 : Stanley Kubrick (1928 – 1999)

Stanley Kubrick wurde am 26. Juli 1928 in der New Yorker Bronx geboren. Sein Vater war ein in New York praktizierender amerikanischer Arzt und seine Mutter stammte aus einer jüdischen Familie österreichischer Herkunft. Schon früh wurden Schach , die Fotografie und exzessive Lektüre seine Leidenschaften. Das Schachspiel begann er mit zwölf Jahren und so wurde es Bestandteil seiner Arbeit. Es lehrte ihn „Geduld und Disziplin bei der Wahl zwischen Alternativen zu entwickeln“ . Zum 13. Geburtstag bekam er seinen ersten Fotoapparat: Schicksal? Die Fotografie und der Film wurden seine Welt: Von Schwarz-Weiß bis Rot-Grün-Blau . Die geniale und innovative Konzeption seiner Filme verdankte er seinem technischen Wissen von der Linse bis zum Bild. Am Anfang war das Wort: Kubrick verschlang Bücher und wissenschaftliche Arbeiten während seines gesamten Lebens. Seine Neugier und sein Wissensdurst waren unstillbar. Hätte er mehr Zeit gehabt, hätte er wohl das gesamte Niedergeschriebene gelesen. Dies erklärt sein Know-how, aber nicht seine schöpferische Genialität. Lassen wir sein Lebenswerk für sich sprechen:


Abbildung 4 : Zeitungsverkäufer

Nach dem Highschool - Abschluss 1945 gelang ihm mit dem Foto des Zeitungsverkäufers, der von der Nachricht des Todes von Präsident Roosevelt überwältigt ist, ein Glücksgriff: Alles so Schwarz – Weiß - Sehen !?. Dieses Foto ermöglichte ihm eine Sofortanstellung bei der Zeitschrift „Look“. Auf allen praktischen Gebieten wurde diese Zeitschrift seine Universität. Während dieser Zeit bereiste der junge Kubrick Amerika und Europa. Zu seinen bekannten Fotos gehört die Serie über den Boxer Walter Cartier, den Kubrick auch zum Hauptdarsteller und Thema seines Kurzfilms „Day of the Fight“ (USA 1951) machte. Nach diesem bescheidenen Erfolg kündigte Kubrick seine Stellung bei „Look“, um sich seinen Lebensunterhalt als Filmemacher zu verdienen. Sein erstes Interesse am Film galt der Technik. In dieser Zeit wurde Kubrick u.a. durch Pudowkins Werk „Über die Filmtechnik“ beeinflusst: Der Schnitt, der Hauptthema dieses Werkes ist, nahm für den jungen Kubrick eine wichtige Stellung ein. Zu dieser Zeit faszinierte ihn auf der einen Seite die geniale Technik bzw. der filmische Stil Eisensteins, der über einen bedeutungsschweren, aber oft sehr einfachen Inhalt triumphiert. Dazu gehört z. B. die Verbindung von Musik und Handlung. Auf der anderen Seite begeisterte ihn Chaplins Meisterhaftigkeit im Hinblick auf Inhalt, Geschmack und Gefühl, die über dessen einfache Technik hinwegtäuscht. Man erkennt hier die entscheidenden Pole, die sein Werk ausmachen: Kubrick war technischer Wissenschaftler und schöpferischer Künstler. Auch Max Ophüls Werk schätzte er wegen seiner großartigen Kamerabewegungen zu herrlicher Musik. Sein zweiter Kurzfilm „Flying Padre“ (USA 1951) erzählt die Geschichte eines katholischen Missionars in Amerika. Im Jahr darauf folgte sein Kurzfilm „The Seafarers“ (USA 1952). 1953 erblickte sein erster Spielfilm „Fear and Desire“ (USA 1953) das Licht der Öffentlichkeit: Ein allegorisches, zeitlich und örtlich unbestimmtes Kriegsdrama, das die Geschichte von vier Soldaten, die sich hinter der Frontlinie verirrt haben, erzählt. Zwei Jahre später kam „Killers Kiss“ (USA 1955) in die New Yorker Kinos. Der Film beinhaltet die tragische Geschichte eines Boxers. Der große Durchbruch blieb noch aus, jedoch konnte Kubrick wertvolle Erfahrungen „um die technischen und logistischen Aspekte des Filmemachens“ sammeln. Eine der wichtigsten Konsequenzen aus dieser Arbeit war die Bekanntschaft mit James Harris. Während dieser Partnerschaft entstand sein Film „The Killing“ (USA 1956). Der erste Film, bei dem Kubrick stolz war, dass er seinen Namen trug. Dieser Film zeichnet sich vor allem wegen seiner blendenden Konstruktion, der präzisen Ausarbeitung von Szenen und der raffinierten Rückblenden aus. Der Film handelt von dem Scheitern eines Raubüberfalls auf die Kasse des Wettbüros einer Pferderennbahn. Sein vierter Film „Paths of Glory“ (USA 1957) kam 1957 in die Kinos und wurde mit Kirk Douglas in der Hauptrolle sein durchschlagender Erfolg. Der Film spielt 1916 in Frankreich und handelt von einer militärisch unerreichbaren Mission, der Erstürmung einer uneinnehmbaren deutschen Höhe, deren Scheitern mit der Exekution dreier Soldaten bestraft wird. Douglas verkörpert einen französischen Colonel, der dieses sinnlose Unternehmen zum Ruhme der Generalität und zur Förderung seiner Karriere durchführen soll. Dieser Film begeistert durch die Darstellung der Charaktere und den vom Krieg vermittelten unübertroffenen visuellen Eindruck auf der Kinoleinwand. Kubrick war wegen seiner Erfahrungen mit der Fotografie einer der wenigen Regisseure, der es verstand seine Kameramänner so anzuweisen, dass sie den gewünschten Effekt einer Szene erzielten. Neben seiner meisterhaften Beherrschung der Filmtechnik, zeigte sich auch sein Talent mit Schauspielern zu arbeiten. Ihm gelang es, deren Fähigkeiten und Persönlichkeit voll auszureizen. Oft waren lange, harte Drehtage und unzählige Wiederholungen einer Szene an der Tagesordnung. Alles musste perfekt sein. Kubrick verwies auf Nikolaj Gortschakows Werk „Unterricht bei Stanislawski“, das eine Anleitung zum Umgang mit Schauspielern enthält. Neben Pudowkins Werk über den Filmschnitt sei dies für jeden angehenden Filmregisseur unentbehrlich. Am Set zu diesem Antikriegsdrama lernte er seine dritte Frau, Christiane Harlan, eine deutsche Malerin und Schauspielerin, kennen. Christiane Harlan spielte das ängstliche Mädchen, das am Ende des Films für die Truppe singt. Sie heirateten 1958, bekamen drei Kinder und blieben bis zu seinem Tod zusammen. Negative Erfahrungen und Probleme in Hollywood Fuß zu fassen, veranlassten Kubrick die Regie zu „Spartacus“ (USA 1960) zu übernehmen, obwohl er keine Kontrolle über Drehbuch, Produktion und Verleih hatte. Kirk Douglas spielte die Hauptrolle und war gleichzeitig Produzent der Verfilmung des historischen Sklavenaufstandes. Für den Perfektionisten Kubrick sollte dies eine schwere Aufgabe werden: Als Angestellter besaß er keine Kontrolle über diesen Film, konnte sich nicht so kreativ entfalten, wie er es wollte, und jederzeit entlassen werden. Dennoch gelang Kubrick und Douglas ein Meisterwerk, das mit mehreren Oskars ausgezeichnet wurde und den Golden Globe für den besten Film erhielt. Gerade weil Douglas vielen Vorschlägen des Regisseurs zugestimmt haben soll. Dieses Ereignis bestärkte Kubrick in seiner Entscheidung seine Filme von der Produktionsplanung über die Dreharbeiten bis zur Premiere und darüber hinaus zu kontrollieren. Es war sein einziger All - Hollywood Film. Er war einer der wenigen Regisseure, der sich eine größtmögliche Unabhängigkeit von der Filmindustrie und somit sein Urteilsvermögen bewahrte. Kubrick wollte und konnte fortan immer sein eigener Chef sein. 1961 folgte „Lolita“ (Großbritannien 1961), beruhend auf Vladimir Nabokovs gleichnamigem Buch. Es behandelt die Liebesbeziehung eines Erwachsenen zu einer minderjährigen Nymphe. Wegen konservativer Kreise in Amerika musste er sich beim Dreh strenger Zensur unterwerfen. Die Dreharbeiten führten ihn nach England aufs Land. Kubrick sah sich aber immer als New Yorker. In Hertfordshire (nahe London) lebte er fortan zurückgezogen um sich den Machtkämpfen in Hollywood zu entziehen. Aus sicherem Abstand genoss und verfolgte er das Geschehen in Hollywood. Isoliert lebte er jedoch nicht: Zahlreiche Gäste, Geschäftspartner und Freunde besuchten ihn. Er hielt sich fortan im Heimkino mit neuen wie alten Filmen auf dem Laufenden. Er schaffte sich eine Einheit aus Geschäftszentrum und Familienidylle. Kubrick beschäftigte sich schon seit längerer Zeit mit der ausweglosen Pattsituation der Nuklearmächte und erschuf die gruselige Komödie „Dr. Strangelove, or How I learned stop worrying and love the bomb“ (Großbritannien 1963). Kubrick begegnete einer drohenden Katastrophe mit prüfendem Verstand und wollte sich mit einem grimmigen Lächeln von pessimistischen Gefühlen befreien. 1968 veröffentlichte er „2001: A Space Odyssey“ (Großbritannien 1968), das die Weltraumforschung und den ersten menschlichen Kontakt mit außerirdischen Lebensformen zum Thema hat. Kubrick wusste um die Bedeutung der revolutionären Erfindung des Computers, der das High - Tech Zeitalter einläutete. Besonders verfiel er der Vorstellung von künstlicher Intelligenz. Als Beispiel sei der Raumschiffcomputer HAL 9000 erwähnt. Zudem stammen die ursprünglichen Ideen zu Steven Spielbergs „A.I.“ von Kubrick, der jedoch warten wollte, bis die Technik weiter ausgereift war, um dieses Projekt zu verwirklichen. Spielberg war eng mit Kubrick befreundet und vollendete sein Werk gebührend. Ein Jahr darauf erhielt er seinen ersten und einzigen persönlichen Oskar. Nicht für die Regieführung, sondern für die visuellen Effekte in dem Science Fiction Film. Nachdem Kubrick sein Projekt „Napoleon“ aufgab, vollendete er 1971 „A Clockwork Orange“ (Großbritannien 1971), basierend auf dem gleichnamigen Roman von Anthony Burges. Kubrick verfilmte eine schaurige Zukunftsvision aus der Sicht eines gewalttätigen Jugendlichen. Wegen Nachahmungstätern ließ Kubrick damals die Vorstellung des Films in Großbritannien sperren. Dies zeigt seinen großen Einfluss auf seine eigenen Filme, den sich nur ein Ausnahmeregisseur wie Kubrick erlauben und leisten konnte. 1975 folgte das Historiendrama „Barry Lyndon“ (Großbritannien 1975). Bei der visuellen Umsetzung inspirierte und orientierte er sich v. a. an Gemälden des 19. Jahrhunderts, um möglichst realistische Bilder zu liefern. 1980 kam „The Shining“ (Großbritannien 1980) in die Kinos. Jack Nicholson erhielt für die Darstellung der Hauptperson einen Oscar. Im Film vermischen sich Wahnvorstellungen, Telepathie, Schizophrenie und Realität. Im Geist und Leben befinden wir uns in einem Labyrinth . 1987 befasste er sich in „Full Metal Jacket“ (Großbritannien 1987) mit dem Vietnam-Krieg. Für viele einer der eindrucksvollsten Kriegsfilme aller Zeiten. Kubricks Werk (und Leben) schloss 1999 mit „Eyes wide shut“ (Großbritannien 1999), die Dreharbeiten zogen sich zwei Jahre hin, und die Absicht die „Traumnovelle“ zu verfilmen hatte er bereits länger. Wenige Tage nach dem Abschluss von „Eyes wide shut“ verstarb Stanley Kubrick 70-jährig am, 7. März 1999, im Kreise seiner Familie.

4. „Traumnovelle“ und „Eyes wide shut“
4.1 Inhalt der „Traumnovelle“
Kapitel 1(S.11-19):

Abbildung 5 : Nicole Kidman und Tom Cruise

„Vierundzwanzig braune Sklaven ruderten die prächtige Galeere, die den Prinzen Amgiad zu dem Palast des Kalifen bringen sollte. Der Prinz aber, in seinen Purpurmantel gehüllt, lag allein auf dem Verdeck unter dem dunkelbraunen, sternbesäten Nachthimmel, und sein Blick -“


Dieser Auszug aus einem Märchen aus „Tausendundeiner Nacht“, den die Kleine laut vorliest, dient als symbolische Einführung. Die eigentliche Erzählung handelt von einem jungen Ehepaar , dem Arzt Fridolin und seiner Frau Albertine aus Wien .
Sie bringen gerade ihre Tochter zu Bett, als sie unter dem rötlichen Schein der Hängelampe ihre Unterhaltung über den gestrigen Abend wieder aufnehmen:
Beide waren kurz vor Karnevalsschluss auf einem Ballfest gewesen, wo man Ihnen getrennt voneinander Avancen gemacht hatte. Fridolin war von zwei roten Dominos umworben worden, während Albertine sich einem melancholischen Unbekannten entzog.

Die weiße Winternacht beflügelte sie zu einem schon lange nicht mehr so heiß erlebten Liebesglück. (Vgl. Szenen 1-5).






Fridolin forderte sein Beruf schon früh an die Betten seiner Patienten. Hausfrau- und Mutterpflichten ließen Albertine kaum länger ruhen.


Jedoch trügt der Schein, denn jetzt, nachdem sie ihre Tochter zu Bett gebracht haben, steigen die Schattengestalten des vergangenen Abends zur Wirklichkeit empor. Eifersüchtige und, gelinde ausgedrückte, rachsüchtige Bemerkungen folgen harmlosen und doch lauernden Fragen des Gesprächs:
„(...)Aus dem leichten Geplauder über die nichtigen Abenteuer der verflossenen Nacht ger[a]ten sie in ein ernstes Gespräch über jene verborgenen, kaum geahnten Wünsche, die auch in die klarste und reinste Seele trübe und gefährliche Wirbel zu reißen vermögen (...)“.
Obwohl sie völlig einander in Gefühl und Sinnen angehören, verspürten sie gestern nicht das erste Mal einen Hauch von Abenteuer, Freiheit und Gefahr. Albertine, ob sie nun die Ungeduldigere, die Ehrlichere oder die Gütigere von beiden ist, gesteht arglos ihre Sehnsucht und fiktive Untreue : Sie erzählt ihrem Mann von einem jungen Offizier , mit dem sie während ihres gemeinsamen Urlaubs in Dänemark sicherlich geschlafen hätte, wäre sie von ihm angesprochen worden.












Fridolin kommt aufgrund Albertines naiver Aufrichtigkeit zu einem vergleichbaren, etwas rachsüchtigen und vielleicht erfundenen Eingeständnis : Er erzählt ihr von einem jungen Mädchen mit aufgelöstem blondem Haar, das über die Schultern und auf der einen Seite über die zarte Brust herabfloss. Beim Kreuzen Ihrer Blicke verspürte Fridolin eine solche, über alles je Erlebte hinausgehende Bewegung, dass er sich einer Ohnmacht nah fühlte. Diese Begegnung blieb jedoch folgenlos. Albertine zieht das nüchterne Fazit: „Wir wollen einander solche Dinge künftighin immer gleich erzählen“. Im abschließenden Teil des Gesprächs erinnern sie sich an ihre erste Begegnung und Albertine stellt nochmals klar, dass sie sowohl Subjekt als auch Objekt der Begierde ist: Albertines Aussagen „Und wenn es auch mir beliebt hätte, zuerst auf die Suche zu gehen“ und „Ach, wenn ihr wüsstet“ drückt ihre Ansicht aus, dass auch Frauen sexuelles Verlangen besitzen und der Mann dies nicht zu begreifen scheint. Das Gespräch wird unterbrochen: Fridolin wird an das Krankenbett eines Patienten gerufen. (Vgl. Szenen 6-7).











Kapitel 2(S.20-25):






Fridolin begibt sich zur Wohnung des verstorbenen Hofrats. Die Tochter des Patienten, Marianne , begrüßt ihn. Fridolin ist in seinen Gedanken abwesend. Er denkt über die Beziehung von Dr. Roediger und Marianne nach: Sie sind verlobt und werden wohl eine „Ehe wie tausend andere“ führen. Im Affekt gesteht sie Fridolin ihre Liebe, die jedoch nicht erwidert wird. Er fühlt sich dadurch an seine Gattin erinnert, die sich, wie Marion gegen Dr. Roediger, auch gegen ihn entscheiden könnte um ihre Leidenschaften auszuleben. Jedoch trifft kurz darauf ihr Verlobter ein. Fridolin ist froh, dieser verzwickten Lage so entrinnen zu können, hat es aber nicht eilig nach Hause zu gehen. (Vgl. Szenen 8-9).







Kapitel 3 (S.26-32):

Von einer Gruppe Couleurstudenten wird Fridolin auf der Straße unsanft angerempelt, behält jedoch vernünftigerweise die Fassung und geht weiter (Vgl. Szene 10). Während er durch die Straßen schlendert, als suche er irgendetwas und weiß doch nicht was, spricht ihn die junge und attraktive Prostituierte Mizzi an. Daraufhin begleitet er sie auf ihr Zimmer, wo ihn jedoch ihre Jugend und gewisse Empfindsamkeit davon abhalten mit ihr zu schlafen. Sie verweigert sein Geld, obwohl er es ihr anbietet. (Vgl. Szene 11-12).










Kapitel 4 (S.33-59):

Noch immer will er nicht nach Hause gehen. Er betritt ein Kaffeehaus, wo er zufällig in dem Mann, der ihm gegenüber sitzt, einen gewissen Nachtigall und ehemaligen Mitstudenten erkennt. Die beiden Männer trinken zusammen und schwelgen in Erinnerungen. Sehr bald fängt Nachtigall an Fridolins Neugier zu wecken: Nachtigall verdient seinen Lebensunterhalt mit nächtlichem Klavierspiel in gewissen wohlhabenden Häusern, in denen den Geräuschen nach zu urteilen, äußerst raffinierte Orgien stattfinden. Die Vorgänge sind dort derart skandalös und die Frauen so schön und womöglich aus der oberen Gesellschaft, dass Nachtigall mit verbundenen Augen spielen muss. Er kann sich zwar denken, was vor sich geht, aber was er tatsächlich zu sehen bekäme, würde ihn sein Leben kosten. Fridolin möchte erfahren, wie er dazustoßen kann um dieses aufregende Spektakel zu betrachten. Nachtigall sagt, dass es ein Kennwort gebe, welches er vom Kutscher erfahre, der ihn an eine ihm unbekannte Adresse bringen werde. Außerdem seien alle Teilnehmer der Orgie maskiert und kostümiert. Nachtigall stimmt widerwillig zu, als ihn Fridolin auffordert ihn zur nächtlichen Veranstaltung mitzunehmen. Sie verabreden ein Café als Treffpunkt um das Kennwort auszutauschen, damit Fridolin ihm anschließend unauffällig in seiner eigenen Kutsche folgen kann. (Vgl. Szene 13).





Fridolin hastet daraufhin zu einem Kostümverleiher. Obwohl es bereits sehr spät ist, überredet Fridolin den Kostümverleiher Gibiser ihm ein dunkles Mönchskostüm und eine schwarze Larve zu leihen. Er nimmt dabei zwei Männer wahr, die sexuelles Interesse an der Tochter Gibisers bekunden, einer Nymphe mit reizendem Busen. Sie stellt sich Fridolin am besten in einem Prinzengewand vor. Die junge Verführerin entrüstet und erregt Fridolin gleichermaßen. Er warnt Gibiser den Zuhälter für minderjährige Mädchen abzugeben. (Vgl. Szenen 14-15).
Dann eilt er wieder zu Nachtigall, der ihm nun das Kennwort mitteilt: „Dänemark“. Kurz darauf winkt er eine Droschke heran und folgt Nachtigalls Kutsche an ihr geheimes Ziel.
Am Zielort, einem luxuriösen Anwesen in der Vorstadt, angelangt, ist Fridolin einerseits nervös, andererseits doch entschlossen sein voyeuristisches Abenteuer zu meistern. Am Eingang wird von ihm das Kennwort „Dänemark“ verlangt, das jedes Misstrauen zu zerstreuen scheint. (Vgl. Szene 16).
Er findet sich in stattlicher und attraktiver Gesellschaft wieder, in der anonymes Understatement vorherrscht. Alle Teilnehmer sind als Mönche bzw. Nonnen verkleidet. Er befindet sich in einer ernsten Umgebung mit Zügen einer Verschwörung oder einer Sekte. (Vgl. Szene 17). Als einziger trägt er einen Pilgerhut, den er abnimmt, und so unauffällig wie möglich umherwandelt.
Ein weiblicher Gast scheint zu erraten, wer der Eindringling ist und beschwört ihn, zu gehen, bevor es zu spät sei. Jedoch zieht er es vor sich dreist weiter unter die Maskierten zu mischen. Plötzlich kommt Bewegung auf und alle wunderschönen Frauen zeigen sich nackt, das „wandelte ihm seine unsägliche Lust des Schauens in eine fast unerträgliche Qual des Verlangens“. Trotz weiterer eindringlicher Warnungen der schönen Frau sieht er sich in seiner Hochstapelei erfolgreich und ignoriert diese. (Vgl. Szene 18-20).













Als seine Warnerin zum Tanz aufgefordert wird, sprechen ihn, nun alleine gelassen, zwei bedrohlich aussehende Herren an, die von ihm die Parole für das Innere des Hauses verlangen. Er gibt vor, diese vergessen zu haben, was die Männer weder beschwichtigt noch belustigt. Anschließend wird er in einen Raum geführt, in dem er eine ihm feindselig gesinnte Menge an Männern vorfindet. Er wird von einem Mann aufgefordert die Maske abzunehmen und zu erklären, wer er sei. Fridolin ist einverstanden, solange es ihm die anderen gleichtun. (Vgl. Szene 21).
Ihm droht, böse zusammengeschlagen oder getötet zu werden, als die schöne Frau, die ihn zuvor angefleht hatte zu gehen, den Raum betritt. Sie verlangt von den Männern Fridolin zu verschonen und bietet sich als Sündenbock an: „Lasst ihn[...], ich bin bereit ihn auszulösen“. Fridolin reagiert darauf zunächst ablehnend, da er die weiteren Konsequenzen fürchtet, doch ihm wird klar gemacht, dass an dem Los dieser Frau nun nichts mehr zu ändern sei, denn „wenn hier ein Versprechen geleistet wurde, gibt es kein Zurück“. Machtlos die Opfergeste der geheimnisvollen Frau zu verhindern, wird Fridolin eilig aus dem Raum entfernt und in eine Kutsche gesetzt, die eilig davonfährt. (Vgl. Szene 22). Noch in Gedanken bei der mysteriösen Retterin und der geheimnisvollen Gesellschaft begibt er sich nach Hause.





Kapitel 5 (S.60-68):

Schließlich kommt Fridolin verwirrt und erschöpft zu Hause an, wo seine Frau gerade aus einem Traum erwacht. Nachdem er seine Mönchskutte versteckt hat, legt er sich zu Albertine, die ihm das nächste erotische und schockierende Kapitel aus ihrem Traumleben erzählt. Albertine schildert ihm einen langen, befremdlichen und furchtbaren Traum: Während sie schamlosen Sex mit einem dem Dänen ähnelnden Liebhaber und vielen anderen Männern genießt, beobachtet sie ihren Gatten, der gerade verhaftet wird. Noch als er gefoltert wird und sein Tod unmittelbar bevorsteht, bleibt Albertine in ihrem Traum eher verächtlich als beunruhigt. Diese Sorglosigkeit und Entwürdigung entrüstet Fridolin später, angesichts seines fiktiven bevorstehenden Todes. Diese erträumte Untreue seiner Frau scheint seinen Entschluss zu rechtfertigen, die schöne Frau zu finden, die sich für ihn opferte. Er muss herausfinden, was mit ihr geschehen ist. (Vgl. Szenen 23 – 24).














Kapitel 6 (S.69-92):

Am nächsten Morgen beginnt er sobald wie möglich mit seinen Nachforschungen: Er sucht das Café auf, in dem Nachtigall spielte, wo er die Adresse von Nachtigalls Hotel erfährt. (Vgl. Szene 25). Danach begibt er sich in das Hotel, wo Nachtigall abgestiegen war. Der Portier berichtet ihm, dass ihn zwei Männer mehr oder weniger mit Gewalt mit sich nahmen. (Vgl. Szene 26).
Daraufhin bringt er seine Mönchskutte zum Kostümverleiher Gibsier, der seine Tochter, trotz Fridolins nächtlicher Mahnungen, an einen der beiden Pädophilen verkauft hat (Vgl. Szene 27).
Die nächste Station ist das luxuriöse Anwesen, wo der Maskenball stattfand. Kaum ist er dort vorgefahren, erscheint ein Bote mit einer „zweiten Warnung“ , die ihn auffordert umzukehren und die Suche endgültig aufzugeben. (Vgl. Szene 28).
Nach Beendigung der Sprechstunde sieht er noch einmal nach Frau und Kind. Ihn quält die brennende Eifersucht. Niedergeschlagen kehrt er in die Stadt zurück, noch immer entschlossen das Rätsel der vergangenen Erlebnisse zu lösen. Als er die Tochter des Hofrats aufsucht, will sie gerade mit ihrem Verlobten die Stadt verlassen und wird Fridolin wohl niemals wieder sehen. (Vgl. Szene 29).



Die junge Prostituierte ist ins Krankenhaus eingeliefert worden und wird, einer anderen Hure zufolge, eine ganze Weile nicht wiederkommen. (Vgl. Szene 30-31).
In einem Café liest Fridolin in der Zeitung von der Morphiumvergiftung einer „Baronin D.“ Er kommt überstürzt zu dem Schluss, dass die „Baronin D. unmöglich jemand anders sein konnte als die Frau von heute Nacht“ und macht sich auf den Weg ins Krankenhaus, wo er erfahren muss, dass sie bereits tot ist. Durch seine medizinische Qualifikation verschafft er sich Zutritt zur Leichenhalle.
Er untersucht die Leiche ohne sicher zu sein, ob es sich dabei um die geheimnisvolle Frau vergangener Nacht handelt. Fridolin beugt sich wie magisch angezogen über den Leichnam. Der Pathologe, dem die Leichenhalle untersteht, ruft Fridolin zur Ordnung und fragt als er aufbricht, „also war sie´s ?“ Fridolin zögert und „nickt wortlos“ . Draußen begreift er die „Nichtigkeit seiner Abenteuer“ (Vgl. Szene 32).






Kapitel 7 (S.93- 95):

Er geht heim zu seiner Familie (Szenen 33-35). Auf dem Kissen neben seiner schlafenden Frau findet er die Maske vor, die er bei Gibiser lieh. Er bricht seelisch zusammen und erzählt Albertine die ganze Geschichte, als wäre das der einzige Weg, ihre Ehe zu retten (Vgl. Szene 36).




Die Sonne geht schon auf, als Albertine auf Fridolins Frage „Was sollen wir tun“ erwidert:
„Dem „Schicksal dankbar sein, glaube ich, daß wir aus allen Abenteuern heil davon gekommen sind – aus den wirklichen und aus den geträumten“ „Weißt du das auch ganz gewiß ?“ fragte er. „So gewiss, als ich ahne, dass die Wirklichkeit einer Nacht, ja daß nicht einmal die eines ganzen Menschenlebens zugleich auch seine innerste Wahrheit bedeutet. „Und kein Traum“ seufzt er leise, „ist völlig Traum.“[...] „Nun sind wir wohl erwacht“ sagte sie – „für lange.“




Wie sie „traumlos nah“ beieinander liegen und schlummern, scheinen die Eheleute wieder versöhnt. Von einem „sieghaften Lichtstrahl“ werden sie empfangen und mit „helle[m] Kinderlachen“ begrüßt. (Vgl. Szene 37 - 38).

Abbildung 6 : Alice und Bill
4.2 Inhaltliche Abweichungen

4.2.1 Das Passwort:

In Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ lautet das Passwort für die geheime Orgie „Dänemark“. Die Anspielung auf den gemeinsamen Sommerurlaub des Paares in Dänemark drängt sich derartig auf, dass es lohnend ist einen näheren Blick darauf zu werfen: „Dänemark“ symbolisiert sowohl die mögliche Untreue und Sehnsüchte beider Partner als auch deren unzertrennliche Liebe. Albertine gesteht im Gespräch über den anziehenden Offizier im Urlaub: „Wenn er mich riefe (...), ich hätte nicht widerstehen können (...) und zugleich (...) warst du mir teurer als je“. Fridolin fühlte ähnlich bei dem Anblick des jungen Mädchens und drückt dies so aus: „In jedem Wesen (...), das ich zu lieben meinte, habe ich immer nur dich gesucht“. Sie ziehen den Schluss, sich künftig einander solche Dinge gleich zu erzählen. Dieses Gespräch drückt also die notwendige Grundlage ihrer Beziehung aus: Treue, absolutes Vertrauen und Offenheit trotz endloser Versuchungen, ob geträumt oder real erlebt. Die Eheleute erkennen dies noch nicht und begeben sich deshalb auf diese Abwege. Gleichzeitig ist dieses Leitmotiv Teil der Peripetie der Odyssee Fridolins: Bis zum Maskenball bewegt sich Fridolin auf allen Ebenen scheinbar von seiner Frau weg und scheint den vielen erotischen Versuchungen nicht mehr entgehen zu können. Das Passwort „Dänemark“ wirkt hier wie eine Warnung und Hinweis. Es verhilft Fridolin dazu sich zu besinnen und wird somit zum Wendepunkt des Geschehens: Fridolin beginnt seine Erlebnisse zu verarbeiten, erkennt schließlich die Liebe zu seiner Frau und gesteht ihr am Ende alles . Der Kreis, sieht man Albertines Träume als Spiegel seiner Wünsche, schließt sich. Bei Stanley Kubrick erlangt Bill durch das Nennen von „Fidelio“ den Einlass zum erotischen Spiel. Auch hier ist es Teil des Umkehrpunktes und deutet schon das glückliche Ende an. Kubricks „Fidelio“ sei ein „Verweis auf Beethoven und die Nietzsche - Deutung als Ausbruch des Dionysischen, aber zugleich die Bezeichnung von „Treue“ . Anders als Seeßlen, der nur „Fidelio“ als mehrdeutig sieht, sehe ich in beiden Passwörtern „das ganze Dilemma des Helden“ ausgedrückt. Beide Werke versuchen u.a zu erklären, was Liebe ist. Die Helden suchen den Grund für ihre Treue zueinander, da es viele Anlässe zur Untreue gibt: Träume, Sehnsüchte, andere Frauen oder Männer. Kubrick ironisiert den Begriff „Treue“, da er Einlass zu der Orgie gewährt, wo die Untreue geschieht. Wie Fridolin erkennt Bill dadurch, dass er seine Frau liebt und ihr deshalb treu bleibt. Stanley Kubrick hat somit eine hervorragende Wahl getroffen, da beide Passwörter diesen Gegensatz von Treue und Untreue enthalten.






















4.2.2 Die Maske:

Den Höhepunkt der Novelle und des Films bildet der Maskenball. Während bei Schnitzler die Teilnehmer Larven tragen, welche nur die obere Gesichtshälfte bedecken, verdecken die Masken bei Kubrick das ganze Gesicht. Kubrick lässt somit keine Deutung auf die Gefühlswelt der Teilnehmer - über ihre Gesichtszüge - zu, auch Schnitzler beschreibt dies nicht. Die Zeremonie beginnt mit einer Art bizarrem Gottesdienst: Alle Frauen lassen ihre Kleider fallen, bleiben aber maskiert:
„Fridolins Augen irrten durstig von üppigen zu schlanken, von zarten zu prangend erblühenden Gestalten; -und dass jede dieser Unverhüllten doch ein Geheimnis blieb und aus den schwarzen Masken als unlöslichste Rätsel große schwarze Augen zu ihm herüberstrahlten, das wandelte ihm die unsägliche Lust des Schauens in eine fast unerträgliche Qual des Verlangens“.
Dieser Prozess wird in „Eyes wide shut“ abgebrochen: Bill Harford erlebt vor allem die „Qual des Schauens“. Kubrick geht es weniger um die Lust des Voyeurs als um die folgende Bestrafung. Dies erklärt auch, warum Bill gezwungen wird die Maske abzunehmen, während Fridolin gestattet ist sein Gesicht zu wahren, nachdem er als Eindringling enttarnt wurde. Die Abnahme der Maske ist für Bill auch die Erfahrung einer sozialen Ohnmacht, die Schnitzler in der Begegnung Fridolins mit den Korpsstudenten andeutet. Bill muss feststellen, dass er nicht in diese Geheimgesellschaft gehört und wird bloßgestellt, die anderen erkennen seine wahre Identität. Eine maskierte Unbekannte bzw. Mandy rettet ihn: Sie bietet sich als Opfer für den Helden an. Auf der Suche nach der Wahrheit erkennt sich der Held selbst, sowohl bei Schnitzler als auch bei Kubrick, als er die Maske auf dem Bett neben seiner Frau sieht. Die Maske ist Symbol für Lüge und Illusion der Ehe, Liebe und des gesamten Lebens. Ob sie nun wirklich am Ende vom Gesicht der Eheleute abfällt, bleibt offen.


4.2.3 Die Person Victor Ziegler:

Die Person Victor Ziegler, die es in der „Traumnovelle“ nicht gibt, nimmt eine besondere Rolle in Stanley Kubricks Film ein. Der vergangene Ball zu Beginn wird in der „Traumnovelle“ kurz erzählt und im Gespräch des Ehepaares aus der Gegenwart betrachtet. Bei Kubrick nimmt der Ball eine besondere Stellung ein: Der Zuschauer verfolgt das Geschehen „live“, die Personen Nick Nightingale, das Ehepaar Ziegler und Amanda Curran werden eingeführt. Warum fügt Kubrick Victor Ziegler in die Geschichte ein?
Diese Personen bzw. der Ziegler-Ball dienen zur Rationalisierung des Geschehens. Alles soll ein logisches Konzept haben. So trifft Bill später nicht zufällig auf Nightingale in dem Café, sondern erfährt bereits auf dem Ball, dass er ihn im „Sonata Café“ antreffen kann. Nick Nightingale wird der Schlüssel zur Orgie. Auch die Tatsache, dass Ziegler Bill darum bittet, ihm aus der Affäre zu helfen ist von großer Bedeutung: Bill behandelt die zusammengebrochene Mandy, die die Drogen, welche sie zuvor genommen hatte, nicht verträgt. So kann Zieglers Seitensprung mit Mandy unter sechs Augen bleiben, ohne das andere Gäste davon erfahren. Auch erhält hier Mandy überhaupt erst ein Motiv Bill später zu retten. Beide sind ihm zu Dank verpflichtet. Deshalb kann Bill nahezu unversehrt aus der Orgie entrinnen und wird kurz vor Schluss, unter dem Schein grüner Hängelampen, im Gespräch mit Victor Ziegler darüber aufgeklärt, was wirklich geschehen sei.






Aber wie kann man einem Mann mit rotem Billardtisch glauben? Trotzdem bleibt es ein besonderer Dienst, der zugleich letzte Warnung ist, den Ziegler wohl nicht jedem erweist. Außerdem blickt Bill durch den verheirateten Ziegler, der Repräsentant der gebildeten Oberschicht ist, hinter die Fassade und den Schein der High - Society, wodurch es ihm gelingt sich am Ende scheinbar selbst zu entlarven. Somit dient Ziegler der Logik des Geschehens und ist gleichzeitig ein Subjekt dieser moralisch anstößigen Verhaltensweisen der New Yorker Oberschicht. Kubrick kritisiert deren Doppelmoral.

















4.3 Strukturelle Unterschiede

4.3.1 Der Titel:

Was als erstes ins Auge fällt, ist der unterschiedliche Titel der Werke. Während Schnitzler „Traumnovelle“ wählt, bevorzugt Kubrick „Eyes wide shut“. Zunächst nannte Schnitzler die Erzählung „Doppelgeschichte“, dann „Doppelnovelle“ und erst 1924 „Traumnovelle“. Die verworfenen Titel spiegeln Fridolins Charakter bzw. Lebensweise wider: Fridolin möchte „eine Art von Doppelleben führen, zugleich der tüchtige, verlässliche, zukunftsreiche Arzt, der brave Gatte und Familienvater sein – und zugleich ein Wüstling, ein Verführer, ein Zyniker, der mit den Menschen, mit Männern und Frauen spielte, wie ihm just die Laune ankam“ . Man sollte den letztlich gewählten Titel „Traumnovelle“ zweigliedern um der Bedeutung näher zu kommen und zwar in „Traum“ und „Novelle“. Mit ersterem legte er besonderen Wert darauf, dass der Leser sich bewusst ist, dass der Traum eine sehr elementare Rolle in seinem Buch einnimmt. Dies ist im historischen Kontext zu Freud zu sehen. Die Novelle kann man folgendermaßen definieren: „Von einem einzelnen ungewöhnlichen Ereignis handelnde, kürzere, sich steigernde, gedrängt berichtende Erzählung [






















4.3.2 Der Ort:

Arthur Schnitzler begann 1907 mit seiner Arbeit an der „Traumnovelle“, die er erst 1925 vollendete. Nach Seeßlen spielt die „Traumnovelle“ in „den Unterwelten der kaiserlichen und königlichen Gesellschaft und in der Trümmerlandschaft des Nachkrieges, (...) in einer Traumwelt und in einer bürgerlichen Wirklichkeit.“ In diesem Kontext kann die literarische Vorlage als Reflex auf zeitbedingte gesellschaftliche Lebensumstände, wie z. B. den Einfluss der Psychoanalyse von Freud, das Leben im Wien der Nachkriegszeit oder die geheuchelte Sexualmoral, interpretiert werden.
Kubrick verlegte die Handlung der „Traumnovelle“ ins New York der Neunziger, „ein Ort, der ebenso zeitlos und unwirklich ist wie Schnitzlers Wien“. Kubrick wollte nicht von einer bestimmten Zeit oder einem bestimmten Ort, sondern von einem Problem der soziologischen Determiniertheit sprechen, wobei die New Yorker Gesellschaft, dem Wien, welches Schnitzler beschreibt, sehr ähnelt. Dabei stehen „eine Lockerung der Sitten und ein innerer und äußerer Zwang zur Offenheit,[...]einer nach wie vor fundamentalen Organisation von Liebe und Familie gegenüber“.













4.3.3 Die Zeit:

Stanley Kubrick verlegt die Handlung des Films von der Karnevalszeit in die Weihnachtszeit. Schnitzlers literarische Vorlage handelt während des Karnevals und lässt Fridolins Odyssee rationeller erscheinen, so könnte man sich z. B. den sonderbaren Maskenball erklären. Ebenso könnte man den Gefühlswandel und die aufkommenden Sehnsüchte der beiden Eheleute unter dem Aspekt der „Narrenfreiheit“ eher verstehen. Wahrscheinlich wollte Schnitzler durch den Karneval betonen, dass das ganze Leben eine große Farce ist. Kubrick wechselt in die Weihnachtszeit. Somit geht augenscheinlich der Versuch der Rationalisierung verloren . Er kontrastiert dagegen Handlungszeit und Geschehen sehr stark: Kubrick verlegt die Handlung in die Zeit des traditionellen Weihnachtsfestes um die Einheit und Harmonie der heiligen Familie zu unterstreichen. Im Film tauchen wiederkehrende und standardisierte Weihnachtsbäume auf, wie z.B. anfangs auf dem Ball, in der Wohnung der Prostituierten oder in der Wohnung der Harfords, um dies bildlich zu symbolisieren. Unterstützt wird dies auch durch andere Weihnachtsbräuche: Den gemeinsamen Weihnachtseinkauf und das Geschenkeeinpacken. All dies bewirkt, dass das Geschehen und Verhalten der handelnden Hauptpersonen dramatisiert wird. Der Zuschauer wird irritiert und provoziert und die Handlung dadurch interessanter gestaltet.











5. Die Analyse der „Traumnovelle“

5.1 Schnitzler als Psychologe

Parallelen der „Traumnovelle“ zur Traumdeutung und Psychoanalyse Sigmund Freuds können eingeschränkt gezogen werden. Freud und Schnitzler lernten sich beim Studium in Wien kennen. Zu intensiven Begegnungen oder gar freundschaftlichem Kontakt kam es nie, es blieb bei gelegentlichen Zusammentreffen und seltener Korrespondenz. 1906 schrieb Freud an Schnitzler:
„Seit vielen Jahren bin ich mir der weitreichenden Übereinstimmung bewusst, die zwischen Ihren und meinen Auffassungen mancher psychologischer und erotischer Probleme besteht... Ich habe mich oft verwundert gefragt, woher Sie diese oder jene geheime Kenntnis nehmen konnten, die ich mir durch mühselige Erforschung des Objektes erworben, und endlich kam ich dazu, den Dichter zu beneiden, den ich sonst bewundert“ .
Beide waren Psychologen: Schnitzler als Künstler und Freud als Wissenschaftler. Freud bewunderte „Schnitzler als jemanden[...], der in künstlerischer Intuition vorwegnahm, was er durch objektive Untersuchung zutage förderte“. Warum aber kam es nie zu einem Treffen oder dem Versuch gemeinsamer Arbeit? 1922 gestand Freud Schnitzler:
„Ich will Ihnen (...) ein Geständnis ablegen (...) . Ich meine, ich habe Sie gemieden aus einer Art von Doppelgängerscheu. Nicht etwa, dass ich sonst so leicht geneigt wäre, mich mit einem anderen zu identifizieren oder dass ich mich über die Differenz der Begabung hinwegsetzen wollte, die mich von Ihnen trennt, sondern ich habe immer wieder, wenn ich mich in Ihre schönen Schöpfungen vertiefe, hinter deren poetischen Schein die nämlichen Voraussetzungen, Interessen und Ergebnisse zu finden geglaubt, die mir als die eigenen bekannt waren. Ihr Determinismus wie Ihre Skepsis – was die Leute Pessimismus heißen -, Ihr Ergriffensein von den Wahrheiten des Unbewussten, von der Triebnatur des Menschen, Ihre Zersetzung der kulturell-konventionellen Sicherheiten, das Haften der Gedanken an der Polarität von Lieben und Sterben, das alles berührte mich mit einer unheimlichen Vertrautheit. (...) So habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie durch Intuition – eigentlich aber in Folge der Selbstwahrnehmung – alles das wissen, was ich in mühseliger Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe. Ja ich glaube, im Grunde ihres Wesens sind Sie ein psychologischer Tiefenforscher, so ehrlich unparteiisch und unerschrocken wie nur je einer war, und wenn Sie das nicht wären, hätten Ihre künstlerischen Fähigkeiten, Ihre Sprachkunst und Gestaltungskraft, freies Spiel gehabt und Sie zu einem Dichter weit mehr nach dem Wunsch der Menge gemacht. Mir liegt es nahe dem Forscher den Vorrang zu geben. Aber verzeihen Sie, dass ich in die Analyse geraten bin, ich kann eben nichts anderes. Nur weiß ich, dass die Analyse kein Mittel ist sich beliebt zu machen“.
Das 1899 vollendete Werk „ Die Traumdeutung“ (1900) läutete das 20. Jahrhundert ein und sollte es entscheidend prägen. Freud gilt als Pionier der Psychoanalyse. Jedoch erkennt man in einem Brief an den Freud - Schüler Theodor Reik, dass Schnitzler dem skeptisch gegenüberstand: „Nach dem Dunkel der Seele gehen mehr Wege (...) als die Psychoanalytiker sich träumen (und traumdeuten) lassen“. Schnitzler hielt die Versuche Freuds zur Rationalisierung der Psyche wohl für einen unmöglichen Ansatz. Aus moderner Sicht erkennt Schnitzler, dass sich die Psyche nicht einfach in Begriffe wie z.B. „Ich, Über-Ich und Es“ teilen lässt, verkennt aber andererseits den Einfluss der wissenschaftlichen Arbeit Freuds zur Entwicklung der modernen Psychoanalyse. Beide müssen als Pioniere der Psychoanalyse gesehen werden. Freud ist anerkannt, Schnitzler vergessen. Trotzdem steht die „Traumnovelle“ im eindeutigen Widerspruch zur Traumdeutung nach Freuds Thesen: Sie ist hauptsächlich ein künstlerisches Werk als „Widerspruch des Ästhetischen gegen die Wissenschaft“ . Es geht darum, dass die Grenzen zwischen Bewusstem und Unbewusstem verschwimmen, sie sich gegenseitig spiegeln, und der „Versuch der Rationalisierung so gründlich, ja katastrophal scheitern muss“. Auf den Punkt gebracht: Die „Traumnovelle“ ist also Parallele im Geist, differenziert sich aber von der Psychoanalyse als blanke Wissenschaft.

5.2 Das Motiv des Märchens:

Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ erzählt die Geschichte einer Ehe, die scheinbar unvermittelt in eine schwere Krise gerät, aber beide Partner am Ende wieder zueinander finden. Zahlreiche Werke des Wiener Autors beschäftigen sich mit ähnlichen Themen . Die „Traumnovelle“ nimmt aber eine Sonderstellung im Werk Schnitzlers ein: Sie sei „fast das einzige Werk, das nicht mit der persönlichen Katastrophe einer Gestalt, dem Ende einer menschlichen Beziehung oder zumindest mit Resignation endet“ . Wie kommt es also zu diesem scheinbar versöhnlichen Schluss?
Die „Traumnovelle“ beginnt mit einer Szene aus einem Märchen :
„Vierundzwanzig braune Sklaven ruderten die prächtige Galeere, die den Prinzen Amgiad zu dem Palast des Kalifen bringen sollte. Der Prinz aber, in seinen Purpurmantel gehüllt, lag allein auf dem Verdeck unter dem dunkelblauen, sternbesäten Nachthimmel, und sein Blick -“
Neben dem Motiv der Geschichte in der Geschichte führt dieser Auszug das zentrale Motiv des Märchens ein. Dieses Fragment verweise auf die „Geschichte der Prinzen Amgiad und Assad“ aus „Tausendundeine Nacht“. Sowohl im Märchen als auch in der „Traumnovelle“ finden sich „Motive der Nacht, der Einsamkeit, der Reise und des Abenteuers“, der Orientierungslosigkeit und eines guten Endes. Im Kontext der Erzählung begegnet man diesem Motiv des Märchens in verschiedenen Formen. Dazu gehören zum Beispiel die Warnungen der geheimnisvollen Frau, die Fridolin als Prüfung und Probe seines Mutes interpretiert. Konkreter ist dies in der Begegnung Fridolins mit der Tochter des Kostümverleihers, die ihm ein kostbares Prinzengewand zuweist, oder in Albertines Traum zu sehen, der die eingangs begonnene Märchengeschichte auf besondere Weise fortführt und Fridolin mit einem Prinzen identifiziert. Die märchenhaften, wunderbaren und merkwürdigen Ereignisse Fridolins werten viele Interpreten als unwirklich und „im Sinne eines der Erzählung unterstellten psychologischen Realismus[...]als Traum“. Bei aufmerksamer Lektüre wird die „fiktive Realität“ schon anhand der Ebene des Erzählten deutlich: Fridolin beteuert nach dem nächtlichen Maskenball, nachdem er erwogen hat vielleicht nur mit Fieber im Bett zu liegen, dass er gesund und völlig wach sei. Auch nach seinen Nachforschungen am Tag darauf, als er erneut die Wirklichkeit seiner Abenteuer bezweifelt, entdeckt er auf seinem Kopfkissen die Maske als untrüglichen Beweis. Die „Traumnovelle“ ist ein Versuch die „Märchenhaftigkeit des Alltäglichen“ zu gestalten. Die beiden Protagonisten der Erzählung verlieren sich und finden nach verschiedenen Abenteuern am Ende wieder zusammen. Dies erinnert an ein Märchen und ist zugleich durch das Erzählen von Träumen bzw. Sehnsüchten und realen Erlebnisse begründet. Unabhängig von Inhalt und Herkunft des Märchens ist dies ein Schlüssel und Signal für die folgende Geschichte im Sinne der Incipit - Formel „Es war einmal“ : Die Helden bestehen eine Folge von erotischen Abenteuern und werden schließlich einem guten Ende entgegengeführt.












6. Analyse von „Eyes wide shut“

Stanley Kubrick:

„Die wichtigsten Werkzeuge, mit denen man [an] einem Film arbeiten muss, sind meines Erachtens Bild, Musik, Montage und die Gefühle der Schauspieler. Sprache ist sicherlich wichtig, aber für mich kommt sie erst an fünfter Stelle. (...) Für mich persönlich bestehen die unvergesslichsten Szenen in den besten Filmen in der Hauptsache aus Bild und Musik“.

6.1 Die Musik:

Musik übernimmt im Film viele Funktionen: Sie kann über Bilder informieren, das Geschehen interpretieren und beim Zuschauer Emotionen wecken.

6.1.1 „Waltz 2 from Jazz Suite“:

„Eyes wide shut“ beginnt mit weißen Titeleinblendungen vor schwarzem Hintergrund, dazu ertönt Dimitri Shostakovichs „Waltz 2 from Jazz Suite / Royal Concertgebouw Orchestra“. Mit dem Jazz – Walzer setzt die erste Szene „Fertig für die Party“ ein. Bill und Alice sind gerade bei den letzten Vorbereitungen zu der Weihnachtsparty bei Victor Ziegler. Ehe sie aufbrechen, stellt Bill die Stereoanlage ab, worauf die Musik erlischt, und löscht das Licht. Der Jazz – Walzer ist hier Bildton, der, nach vorne verlagert, den „Main Titel“ mit einbezog. Der Walzer ist Symbol ihrer Ehe (Hochzeitswalzer) und Liebe. Der schwingende Dreier – Takt des Walzers signalisiert Unbeschwertheit und Leichtigkeit. Durch die Verwendung eines Jazz – Walzers wird dies gleichzeitig in Frage gestellt: Der Jazz – Walzer ist kein „klassischer Walzer“ und somit „nicht ganz echt“. Dies könnte zu verstehen geben, dass die Unbeschwertheit ihrer Beziehung nicht ganz echt ist. Der trügerische Schein ihrer Ehe und Liebe wird entlarvt und im folgenden Handlungsverlauf auf die Probe gestellt. Ein zweites Mal erscheint der Jazz – Walzer am Anfang der Szene „Sicher Sein“ (Szene 6) ; diesmal als Fremdton . Die Bilder zeigen Bill bei seiner Arbeit in der Arztpraxis. Alice ist zuhause und kümmert sich um Ihre Tochter. Hier steht der Walzer als Symbol für ihre unbeschwerte Familie. Dennoch ist ihr Leben nur eine Farce: Der Walzer leitet in das Streitgespräch über, das Auslöser der folgenden Ereignisse ist. Der Jazz – Walzer begleitet auch den „Abspann“ (Szene 38) und bildet somit einen Rahmen um die Filmhandlung. In der vorausgehenden Szene „Für immer“ (Szene 37) gibt Bill das Versprechen für immer treu zu sein, während Alice ihm ihre Liebe gesteht und „Ficken“ will. Der Jazz – Walzer am Ende lässt den Film musikalisch angenehm enden und symbolisiert, dass sie einen Neuanfang wagen können und die Probe vorerst bestanden ist. Für immer? Das bleibt offen, sie stehen an einem neuen Anfang. Die Maskerade des Lebens und Liebens geht weiter, bis dass der Tod sie scheidet.













6.1.2 „Musica Ricerta, II“:

Das Musikstück von György Ligeti „Musica Ricerta, II (Mesto, rigido cerimoniale)“ erklingt als Fremdton an fünf Stellen: Auf der Orgie, als Bill gerichtet werden soll (Szene 21 „Voyeure“, die Musik geht in Szene 22 „Kein zurück“ über und bricht mit dem Erscheinen seiner Retterin ab); am nächsten Tag vor dem Landschloss, wo Bill seine „zweite Warnung“ (Szene 28) erhält; bei der Verfolgung durch einen Unbekannten (Szene 31 „Unter Verfolgung“); als er aus der Zeitung von Mandys Tod erfährt (Szene 32 „Auf der Suche nach Mandy“); während Bill nach Hause kommt (Szene 36 „William kommt nach Haus“). Das Klavierstück besteht lediglich aus drei verschiedenen Tönen. Es wurde während des Kommunismus geschrieben, als diese Art von Musik verboten war, und sollte ein Stich in Stalins Herz sein. Dies kann man auch auf Bill beziehen (bes. in Szene 36 „William kommt nach Haus“): Das Musikstück steht in direkter Verbindung mit der Gefahr und Bedrohung, die Bill umgibt. Die Musik steigert sich gleich der wachsenden Spannung, die die Bilder und das Geschehen dem Zuschauer vermitteln. Zudem verbindet Ligetis Stück die Elemente der Bedrohung und fasst sie so zu einer Einheit zusammen.













6.2. Die Farbsymbolik:

„Es gibt keine ursprünglichen oder eigentlichen Bedeutungen [von Farben], sondern immer nur einen beziehungsreichen größeren Bedeutungszusammenhang und jeweilige systematische Abstufungen“.

Beim Betrachten von „Eyes wide shut“ fällt ins Auge, dass die Farben Rot und Blau dominieren. Sie bilden Kontrast und Einheit zugleich. Sie stehen für den Halt der Beziehung des Ehepaares und die damit verbunden Bedrohungen, geträumt oder real.
Das uns bekannte Farbspektrum reicht von Infrarot über Grün in der Mitte bis Ultraviolett am anderen Ende. Rot und Blau bilden im Film ein gegensätzliches und komplementäres Paar . Zudem sind die Farben in sich selbst zerrissen.

6.2.1 Rot:

Die Farbe Rot symbolisiert bei Kubrick, seit seinem ersten Farbfilm „2001: A Space Odyssey“, Gefahr und Bedrohung. Unterschwellig schwingt zugleich die Bedeutung der Farbe Rot in „Eyes wide shut“ als Symbol der Liebe, Geborgenheit und Leidenschaft mit. Rot kann auch für das Männliche stehen. Rot gilt als Farbe des Feuers. Feuer steht für Leben und Tod. Rot wird außerdem als warme Farbe bezeichnet. Purpurgewänder waren früher nur Kaisern, höchsten Würdenträgern der römischen Kirche, Kardinälen, Richtern und Henkern vorbehalten. Mit ihren roten Gewändern signalisieren sie ihre Funktion als Herrscher über Leben und Tod.

Abbildung 7 : Bill auf der Orgie

Am Beispiel der Szene 21 „Voyeure“ soll dies näher erläutert werden:
Der Richter Bills thront in einem roten Gewand auf seinem goldenen Stuhl in der Mitte. An seiner Seite stehen zwei Wächter in violettblauen Gewändern. Dieses Blau symbolisiert hier die Treue zur heiligen Ordnung des Hauses. Bill steht in schwarzer Mönchskutte verlassen vor ihnen auf einem roten Teppich. Die steigende Bedrohung des Geschehens spiegelt sich in der dominierenden Farbe Rot wider. Die in schwarzen Gewändern gehüllte Menge bildet einen bedrohlichen Kreis um sie. Eventuell ein Symbol für den Kreislauf des Lebens und des Todes auf farbigen Abwegen. Man erkennt an der Farbe Schwarz, dass der Tod bedrohlich nahe steht. Ihre Masken sind überwiegend weiß bzw. gold. Dies symbolisiert die Maskerade ihres scheinbar anständigen Lebens. Vereinzelt sind sie Grün , was einem Funken Hoffnung auf Rettung oder einem guten Ausgang gleichkommt. (Vgl. Szene 21 „Voyeure“). Diese Szene enthält alle wichtigen Farben des Films, die in dieser Abbildung plakativ sind.

Blau und Rot durchziehen den ganzen Film und dominieren ihn. Man kann Blau als Antwort auf Rot sehen, und umgekehrt. Sie deuten auf die Einheit von Mann und Frau hin. Zugleich stehen sie für die Bedrohung und das Wunderbare dieser Einheit.


6.2.2 Blau:

Die Farbe Blau ist in „Eyes wide shut“ ein Symbol für Treue, aber zugleich Sehnsucht, Freiheit und Ungebundenheit. Sie kann auch für das Weibliche stehen. Blau gilt als kalte Farbe. Blau ist die Farbe des Wassers. Wasser steht für Leben und Tod. Blau ist die nüchterne Reflexion zum Rot der Leidenschaft.

Am Beispiel eines Bildes der Szene 6 „Sicher Sein“ soll dies näher erläutert werden:

Abbildung 8 : Nicole Kidman
Alice steht zwischen den weißen Türrahmen. Weiß steht hier für das Gute und Sichere, während der blaue Hintergrund, als Warnung und Anspielung auf Alices (und Bills) Sehnsüchte, einen Kontrast dazu bildet. Neben Blau und Weiß sticht in der Szene auch das rote Bett ins Auge. Hier ein Symbol ihrer Liebe, aber zugleich der drohenden Gefahr durch die verborgenen Träume und Wünsche, die sie ihm anschließend gesteht. (Vgl. Szene 7 „Der Marine - Offizier“).





6.2.3 Das Symbol des Regenbogens:

„Der Farbkreis [ist] (...) Symbol gegensätzlicher Kräfte, die unser Leben wie Plus und Minus, Weiblich und Männlich beherrschen.“

Besonders wichtig und treffend erscheint mir in „Eyes wide shut“ das Motiv des Regenbogens. Der Regenbogen ist neben dem Symbol für den Farbkreis, sieht man Alice Träume als Spiegel zu Bills realen Erlebnissen, zugleich eine graphische Darstellung des Handlungsablaufs :

„Gayle: Aber ich glaube, Sie arbeiten zu hart. Nicht auszudenken, was Sie schönes verpassen.
Bill: Sie haben vermutlich Recht, also... also wo genau gehen wir überhaupt hin? Ganz genau?
Gayle: Dahin, wo der Regenbogen endet.
Bill: Wo der Regenbogen endet?!
Nuala: Wollen Sie nicht dahin, wo der Regenbogen endet?
Bill: Nun ja, kommt darauf an, wo das ist.
Gayle: Finden wir es doch einfach raus.“












Anfang des Regenbogens: Der Film zeigt eine scheinbar harmonische Familie und eine intakte Beziehung zwischen Bill und Alice, in der beide zufrieden sind. Provoziert durch Alices Geständnis, beginnt Bill wie in Trance seinen unterdrückten sexuellen Wünschen, den tiefsten wundervollen Abgründen seines Inneren, nachzugehen. Der Bogen steigt. Der Höhe- und Umkehrpunkt ist der Maskenball. Alice „erlebt“ diesen gespiegelt im Traum. Der Bogen fällt. Bill geht nüchtern und sachlich alle Stationen ab, die er zuvor besucht hatte, um seiner Wahrheit ein bisschen näher zu kommen. Am Ende findet er sich bei seiner Frau und Tochter wieder. Er hat seinen Topf voller Gold entdeckt. Wohl doch nur eine Liebesgeschichte. Ende des Regenbogens.
Die Bedeutung des Regenbogens reicht weit darüber hinaus: Der Kostümverleih heißt „Rainbow Fashions“. Der Regenbogen steht somit für die Maskerade, also den Schein des Lebens. Gleichzeitig ist der Regenbogen ein Symbol für das Herrliche und Ungreifbare im Leben: Die Brücke zweier Liebender. Eingebettet in den Vorspann und Abspann, die weiß und schwarz sind, also z. B. Anfang und Ende symbolisieren, versinnbildlicht der sichtbare, aber unfassbare Regenbogen das Leben in all seinen Facetten.















7. Resümee:

Schnitzler (1862 – 1931) war Schriftsteller, Arzt und schrieb für das Theater. Er war ein Mensch, der das Leben liebte und lebte. Sein Genie und seine Dichtkunst sind unbestritten. Bei seinem extremen Lebensstil und dem Ausmaß seines Werkes könnte man glauben, er versuchte dem Tod zu entkommen und wollte das Leben voll ausschöpfen.
Kubrick (1928 – 1999) war Regisseur, Filmtechniker und filmte für das Kino. Er war ein Mensch, der im Kreise der Familie lebte. Sein fantastischer Stil und sein Werk zeichnen ihn aus. Er war ein ruhiger ausgeglichener Schachspieler, der bezogen auf seine Filme, für die er sich viel Zeit ließ, fast immer den Sieg davon trug.
Die „Traumnovelle“ und „Eyes wide shut“ handeln von einem Ehepaar mit Kind, das vom Schein und Sein des Lebens in eine Beziehungskrise gestürzt wird. Sie versuchen, das zauberhafte Märchen zu verstehen und finden am Ende vielleicht für immer zusammen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Interpretieren und analysieren kann man die „Traumnovelle“ und „Eyes wide shut“ auf tausend Arten: Als ein Märchen; als eine Psychoanalyse; als eine Weltdeutung; als einen Regenbogen; als Wissenschaft und Kunst.














8. Schlusswort:

„Habe nun, ach ! Schnitzler, Kubrick,
die Traumnovelle und Eyes wide shut
und leider auch die Analysiererei !
Durchaus studiert, mit heiß` Bemühn.
Da steh` ich nun ich armer Thor !
Und seh soviel als wie zuvor.“

Ende. Danke.


Abbildung 9 : „Sonnenaufgang“






9. Literaturverzeichnis:

Primärliteratur:

- Kubrick, Stanley / Raphael, Frederic / Schnitzler, Arthur (1999): Eyes Wide Shut/ Traumnovelle. Frankfurt am Main. (= Traumnovelle / Eyes wide shut)

Zitierte Sekundärliteratur:

- Arnold, Heinz-Ludwig [Hrsg.] (1998): Text und Kritik, Heft 138 / 139, Arthur Schnitzler. München. (= Arnold 1998)
- Bodde, Gerrit (2002): Die Musik in den Filmen von Stanley Kubrick. Osnabrück. (=Bodde 2002)
- Freud, Sigmund (92002): Abriss der Psychoanalyse. Frankfurt am Main.
- Freud, Sigmund (102000): Die Traumdeutung. Frankfurt am Main. (=Freud 1900)
- Kilb, Andreas / Rother Rainer u.a. (1999): Stanley Kubrick. Berlin. (=Kilb 1999)
- Kurzrock Ruprecht [Hrsg.] (1983): Farbe: Material – Zeichen – Symbol. Berlin. (= Kurzrock 1983)
- Seeßlen, Georg / Jung, Fernand (1999): Stanely Kubrick und seine Filme. Marburg. (= Seeßlen 1999)
- Schnitzler, Heinrich [Hrsg.] u.a. (1981): Arthur Schnitzler: Sein Leben – Sein Werk – Seine Zeit. Frankfurt am Main. (= Schnitzler 1981)
- Storr, Anthony (1989): Freud. Freiburg.
- Wahrig Gerhard, Professor Dr., (1985): Fremdwörterlexikon. München.
- Walker Alexander (1999): Stanley Kubrick, Leben und Werk. Berlin. (= Walker 1999)

Ergänzende Sekundärliteratur:
- Gast, Wolfgang (1993): Film und Literatur, Grundbuch, Einführung in Begriffe und Methoden der Filmanalyse. Frankfurt am Main.
- Kamp, Werner / Rüsel Manfred (1998): Vom Umgang mit Film. Berlin.
- Lehmann, Jakob [Hrsg.] (1980): Deutsche Novellen von Goethe bis Walser, Band 2. Königstein.
- Mikos, Lothar (2003): Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart.
- Monaco, James (1995): Film verstehen. Hamburg.
- Paech, Joachim (21997): Literatur und Film. Stuttgart.
- Raphael, Frederic (1999): Eyes wide open. Hamburg.

Filmverzeichnis:

- Arte (2003): Stanley Kubrick – Ein Leben für den Film. Arte, 06.03.03, 22.10 – 0.35 Uhr.
- Kubrick Stanley (1999): Eyes wide shut. New York. Verleih: Warner Bros. (= Eyes wide shut)

Musikverzeichnis:

- Reprise Records (1999): Music From The Motion Picture, Eyes wide shut. Verleih: Warner Bros. (= Soundtrack, Eyes wide shut)

10.Anhang

A) Erklärung
B) Schnitzlers Werk – Überblick
C) Kubricks Werk – Überblick
D) Fakten zu „Eyes wide shut“
E) Eingangszitat: „Picasso“: http://home.t-online.de/home/humanist.aktion/kunst.htm
F) Abbildung 1: „Wasserfall“: http://www.kunstreflex.de/Oelbilder/Wasserfall2.jpg
G) Abbildung 4: „Zeitungsverkäufer“: http://www-personal.umich.edu/~jbmorgan/look.html
H) Abbildung 9: „Sonnenaufgang“: http://www.saraswati-tours.de/Bilder/SonnenaufgangBromo.jpg
I) Szenenindex der DVD „Eyes wide shut“
J) Facharbeit auf CD

Facharbeit

1. Vorwort:

Zugegeben: Ich bin Schüler des Gymnasiums Lindenberg und verfasse diese Arbeit aus Pflicht.
Abbildung 1[1]: „Wasserfall“

2. Einleitung:

„Wir alle wissen, daß Kunst nicht die Wahrheit ist. Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt, wenigstens die Wahrheit, die wir als Menschen begreifen können.“[2] (Pablo Picasso 1923)

Da Vinci, Goethe und Mozart haben alle etwas gemeinsam: Sie sind Künstler, die versuchen die Welt zu beschreiben und das Ungreifbare greifbar zu machen. Ob in Bild, Wort oder Ton, sie sprechen dieselbe Sprache: So weckt die Musik eines Beethoven Bilder im Kopf, während die Wortgewalt eines Goethe Musik in den Ohren erklingen lässt. Man assoziiert bewusst und unbewusst mit jedem Kunstwerk ein Gefühl, eine Erinnerung oder eine Vision. Kunst spricht alle Sinne an.
Das Folgende wird sich mit zwei großen Künstlern und Kunstwerken befassen: Stanley Kubricks „Eyes wide shut“ (1999) im Bezug auf Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ (1925).
Auf diese Fragen soll eine Antwort gefunden werden: Wie sieht das Leben, die Persönlichkeit und das Werk von Schnitzler und Kubrick aus? Inwiefern bildet die Handlung der „Traumnovelle“ die inhaltliche Grundlage von „Eyes wide shut“? Was unterscheidet sie inhaltlich und strukturell? In welchem Zusammenhang stehen Freud und die „Traumnovelle“? Was hat die „Traumnovelle“ mit einem Märchen gemeinsam? Was für eine Funktion hat die Musik in „Eyes wide shut“? Wie ist die Farbsymbolik in „Eyes wide shut“ zu verstehen?










3. Leben und Werk

3.1 Arthur Schnitzler:

Abbildung 2[3]: Arthur Schnitzler (1862 – 1931)

Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 in Wien geboren. Sein Vater war erfolgreicher Arzt und brachte es bis zum Regierungsrat, während seine Mutter musisch veranlagt war. Wenige Stunden nach der Geburt lag Schnitzler auf einem Schreibtisch, was ihm sein Vater oft erzählte:
„Ob mir diesen für einen Säugling immerhin ungewöhnlichen Aufenthaltsort die Hebamme oder mein Vater selbst zugewiesen hatte, weiß ich nicht mehr; - jedenfalls gab die Tatsache immer wieder Anla[ss] zu einer nahe liegenden scherzhaften Bemerkung meiner schriftstellerischen Laufbahn “[4]
Arthur Schnitzler ist eine Ausnahmeerscheinung. Er war erfolgreich als Arzt, grandioser Dichter und intuitiver Psychologe. Sein gewaltiges Werk[5] bildet die Grundlage zahlreicher Theaterstücke und Filme. Arthur Schnitzler wuchs in der Wiener Kaiserstadt auf. Er sollte Zeuge einer revolutionären Epoche werden, deren geistige Grundlagen die Moderne einleiten. Seine Jugend in Wien fiel in die Blütezeit des Historismus und Liberalismus und wurde prägend für ihn. Im Wiener Burgtheater erschloss sich ihm eine „Welt der Anregungen, der Verkleidungen, der lustigen und traurigen Späße (...), eine Welt des Spiels mit einem Wort, über deren Unwirklichkeit (...) keinen Augenblick ein Irrtum walten konnte“.[6] Durch die Tätigkeit seines Vaters wurde er sich schon früh der Unvermeidbarkeit des Todes bewusst. Daraus entstanden jene Grundmotive von dem Ineinanderfließen von „Ernst und Spiel, Leben und Komödie, Wahrheit und Lüge“[7], die ihn auch jenseits des Theaters und aller Theaterei, ja sogar über die Kunst hinaus, zeit seines Lebens bewegten und beschäftigten. Wie es in bürgerlichen Haushalten üblich war, lernte Schnitzler Klavierspielen und brachte es zu einer hervorragenden Technik des Improvisierens und Komponierens, die ihn zu privaten Anlässen brillieren ließ. Als junger Mann lernte er noch Brahms und Johann Strauß kennen.[8] Schnitzler begann früh mit seinen dichterischen Unternehmungen, diese wurden aber von seinem Vater wenig geschätzt. Immerhin wurde der junge Schnitzler eine Art Reiseberichterstatter seines Vaters. Die Schriftstellerei und das Theater wurden sein Leben, neben seinen zahlreichen Frauen.
Nach dem Besuch des akademischen Gymnasiums in Wien promovierte Schnitzler 1885 zum „Doktor der gesamten Heilkunde“. Während dieser Zeit lernte er Freud kennen, es blieb jedoch bei geringem freundschaftlichem Kontakt trotz ihrer Gemeinsamkeiten. Ein Buchtitel von Theodor Reik lautet „Arthur Schnitzler als Psycholog[e]“ (1913). Der zum „Fin de siècle“[9] aufkommende Antisemitismus wurde für ihn als Jude Bestandteil seines Werkes und Lebens. Studienreisen brachten ihn nach Berlin, Paris und London. Widerwillig, gedrängt und gefordert von seinem Vater begann er eine erfolgreiche Laufbahn als Arzt in der 1871 von seinem Vater gegründeten „Allgemeinen Poliklinik“ in Wien. Im „Café Griensteidl“[10], dem Treffpunkt einiger bedeutender Jungwiener Autoren macht Schnitzler Bekanntschaft mit Hermann Bahr und Hugo v. Hofmannsthal. Diese drei Autoren waren wohl die größten Talente dieses Kreises junger Schriftsteller. Ihre Wege verliefen parallel, aber doch getrennt. Ab 1879 schrieb Schnitzler bis zu seinem Tod an seinen „Tagebüchern“. Im selben Jahr lernte er seine Jugendliebe, Franziska Reich, kennen. 1880 waren „Liebeslied der Ballerine“ (VE[11] 1880) und „Über den Patriotismus“ (VE 1880) seine ersten Veröffentlichungen. 1886 lernte er Olga Waissnix kennen und begann regelmäßig Gedichte, Prosaskizzen und Aphorismen zu veröffentlichen. Olga Waissnix wurde Vorlage seines Werkes „Abenteuer seines Lebens“ (VE 1888, UA[12] 1891). 1888 begann er mit der Arbeit an „Anatol“ (VE 1893, UA 1910). 1889 veröffentlichte Schnitzler u.a. seine einzige größere medizinische Arbeit „Über funktionelle Aphonie und ihre Behandlung durch Hypnose und Suggestion“ (VE 1889). Im selben Jahr begann er ein Verhältnis mit der Schauspielerin Marie Glümer. Seine literarische Anerkennung in der Öffentlichkeit begann 1891, er publizierte im selben Jahr das Bühnenmanuskript „Das Märchen“ (VE 1891, BA[13] 1894, UA 1893). 1892 vollendete er sein erstes bedeutendes Werk den „Anatol“ – Zyklus und hatte ersten Kontakt mit Karl Kraus. „Anatol“ ist mit einer Einleitung Hugo v. Hofmannsthals, den er hoch schätzte, versehen und zugleich der Höhepunkt ihrer literarischen Beziehung. Mit keiner seiner Figuren wurde Schnitzler so häufig und beharrlich identifiziert wie mit Anatol. Das Stück spielt „in jenem leichten, so scheinbar oberflächlichen Milieu“[14], das mit Schnitzlers Werk von jeher assoziiert wird. Es stellt auch die Probleme des „unrettbaren Ichs“ dar, was Ernst Machs Überlegungen folgt.[15] 1893 betrog ihn seine Geliebte Marie Glümer, er war schwer getroffen und wütend, obwohl er selbst viele Liebesverhältnisse hatte. Sein Vater starb, worauf er die Poliklinik verließ und eine Privatpraxis gründete. Im Sommer 1893 folgte die Uraufführung des „Märchens“, sein erstes abendfüllendes Theaterstück. Felix Salten schrieb über die Vorstellung:
„Das Stück wurde ausgelacht, verhöhnt beschimpft, in tausend Fetzen gerissen. (...) In diesem Stück war der Duft des Frühlings, der Jugend, der Liebe. Und diese Jugend entblößte ihr Herz und wies die subtile, kleine, tödliche Wunde, aus der es blutete.“[16]
Schnitzler galt in der breiten Öffentlichkeit als Pessimist. Sein Werk war oft provokativ und anstößig, für die damaligen biederen Verhältnisse zu revolutionär. 1894 begann sein langjähriger Briefwechsel mit dem dänischen Kritiker, Literaturhistoriker und Schriftsteller Georg Brandes. 1895 wurde „Liebelei“ (UA 1895, BA 1896) uraufgeführt, was sein durchschlagender Erfolg wurde: Im Werk „Liebelei“ begreift Christine nicht, dass der Student Fritz ihre Liebseligkeit zwar genießt, aber nicht mit gleicher Unbedingtheit zu teilen vermag. Fritz stirbt wegen einer Frauengeschichte im Duell.[17] Das Motiv der Liebe war eines der Hauptanliegen Schnitzlers, auch wurde die Kritik Schnitzlers an den Konventionen der Gesellschaft sichtbar. Otto Brahm wurde einer der wichtigsten Förderer Schnitzlers. 1895 begann Schnitzlers Ohrenleiden, er vernahm fortan immer stärker werdende quälende Geräusche im Ohr. 1897 wurde sein Kind, das er mit Marie Reinhard zeugte, tot geboren. 1899 wurde sein Einakter „Der grüne Kakadu“ (UA, VE, BA 1899) uraufgeführt. „Der grüne Kakadu“ behandelt eines der wichtigsten Phänomene des Fin de siècle: Das des Seins und des Scheins.[18] Außerhalb des deutschsprachigen Raumes wurde Schnitzler in Russland am stärksten beachtet. Leo Trotzki über Schnitzler:
„Zum Leben steht er wie zu der Geliebten und zur Geliebten wie zum Leben (...). Und dann - vergesst den Tod nicht, den Tod, der unseren Genüssen einen besonderen tragischen Glanz gibt, der sie noch zauberhafter und wahnsinnig begehrenswert macht.“[19]
Schnitzler war ein intelligenter Genussmensch, der viele Frauen hatte und der die kleinbürgerliche Welt in ihrer Ungeheuerlichkeit (z.B. Antisemitismus) sowie in ihrer Heuchelei (z.B. Sexualmoral) verachtete. Er legte ihren verseuchten psychologischen Grund in artistischer Hülle bloß. 1900 folgte der „Reigen“ (PD[20] 1900, VE, BA 1903, UA 1920), das „ein Meisterstück des strengen Satzes“[21] ist: Zehn Typen bilden zehnmal ein Paar. Zehnmal steigt die Temperatur vom Nullpunkt zum Siedepunkt und wieder zurück. Sie erscheinen wie Marionetten an unsichtbaren Fäden, die immer auf die gleichen Anreize und Antriebe reagieren. Ein Buch, das die Sexualmoral der Jahrhundertwende verhöhnte. Außerdem erschien die Novelle „Leutnant Gustl“ (VE 1900, BA 1901): Schnitzler traktierte die Frage von Ehrenhändeln und Duell. Zudem führte dieses Werk die Technik des inneren Monologs ein. Es folgte heftige Kritik der konservativen und antisemitischen Presse, von der er schon häufig attackiert wurde. 1902 wurde sein Sohn Heinrich geboren. 1903 heiratete er Olga Gussmann, die Mutter seines Sohnes, mit der er bis 1921 verheiratet blieb. 1904 wurde „Der einsame Weg“ (UA, BA 1904) uraufgeführt, eine Tragödie des Egoismus. Der „Reigen“ wurde im gleichen Jahr in Deutschland verboten. 1908 lernte er Stefan Zweig kennen. Im selben Jahr wurde seine Tochter Lili geboren. 1910 erschien „Der junge Medardus“ (BA 1910), eine nach seinen eigenen Aussagen „dramatische Historie“[22], und seine Pantomime „Der Schleier der Pierrette“ (UA 1910) wurde uraufgeführt. Im selben Jahr zog Schnitzler in das Haus Sternwartstraße 71, wo er bis zu seinem Tode lebte. In dieser Zeit lernte er Heinrich und Thomas Mann kennen. 1911 wurde die Tragikomödie „Das weite Land“ (UA, BA 1911) in Berlin uraufgeführt: Ein Werk über das Dilemma der Ehe und Treue – ein bevorzugtes Motiv in Schnitzlers Werk. Otto Brahm schrieb an Arthur Schnitzler: „Es scheint mir nicht nur dichterisch als Höhepunkt in Ihrem Schaffen (...), nicht nur ausgezeichnet in der Charakteristik (...), sondern auch durchaus neuartig im Stil“.[23] Schnitzler schrieb darüber in seinen Tagebüchern am 14. Juni 1915:
„Das Stück [ist] eins der sehr wenigen, zu denen ich mich bedingungslos bekenne. (...)Empfind ich bei so vielem von mir, dass ich weniger bin, als das was man einen „Künstler“ nenne: - hier bin ich etwas mehr.“[24]
Im Jahr 1911 erschien auch „Die Hirtenflöte“ (VE 1911, BA 1912), eine Novelle über den unauflösbaren Widerspruch zwischen Lockung und Zurückhaltung und den Konflikt zwischen Verantwortung und Verpflichtung. Zum 50. Geburtstag Schnitzlers schrieb Georg Brandes sehr treffend:
„Als Arzt gewohnt, das Kranke zu behandeln und mit dem Gedanken an den Tod vertraut, hat er viel von der Gesichtsweise des Arztes in seinem psychologischen Blick, auch etwas von der Unempfindlichkeit des Arztes in seiner ruhigen Haltung. Als Weltmann von der Ironie des Lebens durchdrungen, beobachtet er mit überraschender Schärfe, ist witzig wie kein anderer in der Wiedergabe seiner Komik (Anatol, Gustl, Reigen). Als Dichter vermag er den ganzen Zauber und die ganze Existenz darzustellen, den Zauber, der uns entzückt, die Grausamkeit, die uns vernichtet, all das, was einmal doktrinär das Schöne und Tragische hieß. Er sagt: Daß die Frauen so lieblich sind und die Kunst so herrlich ist, macht das Leben reich. Daß jegliches Glück teuer erkauft und so flüchtig ist, macht das Leben schwer. Daß uns das Unglück immer droht, und daß der Tod so nahe ist, macht das Leben unsicher, unheimlich und kostbar.“[25]
1912 veröffentlichte er „Professor Bernhardi“ (UA, BA 1912) als Reaktion auf die judenfeindliche Haltung der Öffentlichkeit. Kurz darauf wurde es in Österreich von der Zensur verboten. Noch vor dem I. Weltkrieg (1914 – 1918) schrieb Schnitzler seine Werke „Komödie der Worte“ (VE, BA 1915, UA 1924), es behandelt im allgemeinen Lebensenttäuschungen, und „Fink und Federbusch“ (UA, BA 1916), ein Werk über die Korrumpierbarkeit der Presse, nieder. Schnitzler sah den Krieg als „idiotisches Heldentum“[26]. Er wurde aus Altersgründen nicht zum Kriegsdienst einberufen und kritisiert in seinen Tagebüchern diejenigen, die sich an der Kriegspropaganda beteiligten. 1915 begann Schnitzler mit der Arbeit an seiner Autobiographie „Jugend in Wien“. Schnitzler beantwortete den Krieg mit Schweigen. Seine Aufzeichnungen „Und einmal wird der Friede kommen“ erschienen erst 1939 unter dem Titel „Über Krieg und Frieden“ (VE 1939). Im Werk nach dem Krieg steht nicht mehr der angreifende Mensch im Mittelpunkt, sondern der angegriffene Mensch. Der Mensch wird pathologisches Objekt. In diesem Sinne entstanden „Doktor Gräsler, Badearzt“ (VE, BA 1917), „Casanovas Heimfahrt“ (VE, BA 1918), „Flucht in die Finsternis“ (VE 1931), „Fräulein Else“ (VE, BA 1924), „Die Frau des Richters“ (VE, BA 1925), „Spiel im Morgengrauen“ (VE 1926, BA 1927) und „Therese“ (BA 1928). 1920 folgte die Uraufführung des „Reigen“ in Berlin. Nach weiteren Vorführungen wurde 1921 der „Reigen“ – Prozess gegen Schnitzler eröffnet: Schnitzler war angeklagt „durch unzüchtige Handlungen öffentlich ein Ärgernis gegeben zu haben“[27], wurde aber freigesprochen. 1923 wurde Schnitzler Ehrenpräsident des PEN[28] – Clubs. 1924 erschien die „Komödie der Verführung“ (VE, BA 1924). Mit der Veröffentlichung von „Fräulein Else“ griff Schnitzler ein Vierteljahrhundert später die Technik des inneren Monologs aus „Leutnant Gustl“ wieder auf. Neben seiner dichterischen Darstellung zeichnet die Novelle das Problem des Unbewussten, des Traumes und der Wirklichkeit aus.[29] 1924 vollendete Schnitzler die „Traumnovelle“ (VE 1925, BA 1926), die erstmals von 1925 – 1926 in der Zeitschrift „Die Dame“ erschien. Die Idee zur „Traumnovelle“ hatte er bereits 1907. 1927 wurde „Liebelei“ verfilmt, wobei Schnitzler das Drehbuch schrieb. 1928 beging seine Tochter Lili Selbstmord, was ihn schwer traf. In diesem Jahr fand auch die Premiere des Stummfilms „Freiwild“ statt, von Schnitzler stammte das Drehbuch.
„Im Spiel der Sommerlüfte“ (UA 1929, BA 1930) und „Der Gang zum Weiher“ (BA 1926, UA 1931) wurden in seinen letzten Lebensjahren uraufgeführt. Unvollendet blieben der „Zug der Schatten“ und eine Wiederaufnahme des alten „Märchen“ –Themas. Seine letzte Veröffentlichung war 1931 ein Vorabdruck des Werkes „Flucht in die Finsternis“. Seine letzten Lebensjahre konzentrierten sich vor allem auf die Wirkung seines erzählerischen Werkes und den Film.[30] Der Film überwog andere künstlerische Rezeptionen (Theater, Konzert) seit längerem, was mit seiner verminderten Hörfähigkeit und der Faszination durch das neue Medium zusammenhing.[31]
Schnitzler war Künstler und Wissenschaftler. Er schuf ein wortgewaltiges Werk und verband diese dichterische Kunst mit psychoanalytischen Aspekten, zudem führte er neue literarische Techniken wie z. B. den inneren Monolog ein. Am 21. Oktober 1931 wurde Schnitzler 59–jährig auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.














3.2 Stanley Kubrick:

Abbildung 3[32]: Stanley Kubrick (1928 – 1999)

Stanley Kubrick wurde am 26. Juli 1928 in der New Yorker Bronx geboren. Sein Vater war ein in New York praktizierender amerikanischer Arzt und seine Mutter stammte aus einer jüdischen Familie österreichischer Herkunft. Schon früh wurden Schach[33], die Fotografie und exzessive Lektüre seine Leidenschaften. Das Schachspiel begann er mit zwölf Jahren und so wurde es Bestandteil seiner Arbeit. Es lehrte ihn „Geduld und Disziplin bei der Wahl zwischen Alternativen zu entwickeln“[34]. Zum 13. Geburtstag bekam er seinen ersten Fotoapparat: Schicksal? Die Fotografie und der Film wurden seine Welt: Von Schwarz-Weiß[35] bis Rot-Grün-Blau[36]. Die geniale und innovative Konzeption seiner Filme verdankte er seinem technischen Wissen von der Linse bis zum Bild. Am Anfang war das Wort: Kubrick verschlang Bücher und wissenschaftliche Arbeiten während seines gesamten Lebens. Seine Neugier und sein Wissensdurst waren unstillbar. Hätte er mehr Zeit gehabt, hätte er wohl das gesamte Niedergeschriebene gelesen. Dies erklärt sein Know-how, aber nicht seine schöpferische Genialität. Lassen wir sein Lebenswerk für sich sprechen:

Abbildung 4[37]: Zeitungsverkäufer

Nach dem Highschool - Abschluss 1945 gelang ihm mit dem Foto des Zeitungsverkäufers, der von der Nachricht des Todes von Präsident Roosevelt überwältigt ist, ein Glücksgriff: Alles so Schwarz – Weiß - Sehen !?. Dieses Foto ermöglichte ihm eine Sofortanstellung bei der Zeitschrift „Look“. Auf allen praktischen Gebieten wurde diese Zeitschrift seine Universität. Während dieser Zeit bereiste der junge Kubrick Amerika und Europa. Zu seinen bekannten Fotos gehört die Serie über den Boxer Walter Cartier, den Kubrick auch zum Hauptdarsteller und Thema seines Kurzfilms „Day of the Fight“ (USA 1951) machte. Nach diesem bescheidenen Erfolg kündigte Kubrick seine Stellung bei „Look“, um sich seinen Lebensunterhalt als Filmemacher zu verdienen.[38] Sein erstes Interesse am Film galt der Technik. In dieser Zeit wurde Kubrick u.a. durch Pudowkins Werk „Über die Filmtechnik“ beeinflusst: Der Schnitt, der Hauptthema dieses Werkes ist, nahm für den jungen Kubrick eine wichtige Stellung ein. Zu dieser Zeit faszinierte ihn auf der einen Seite die geniale Technik bzw. der filmische Stil Eisensteins, der über einen bedeutungsschweren, aber oft sehr einfachen Inhalt triumphiert. Dazu gehört z. B. die Verbindung von Musik und Handlung. Auf der anderen Seite begeisterte ihn Chaplins Meisterhaftigkeit im Hinblick auf Inhalt, Geschmack und Gefühl, die über dessen einfache Technik hinwegtäuscht. Man erkennt hier die entscheidenden Pole, die sein Werk ausmachen: Kubrick war technischer Wissenschaftler und schöpferischer Künstler. Auch Max Ophüls Werk schätzte er wegen seiner großartigen Kamerabewegungen zu herrlicher Musik. Sein zweiter Kurzfilm „Flying Padre“ (USA 1951) erzählt die Geschichte eines katholischen Missionars in Amerika. Im Jahr darauf folgte sein Kurzfilm „The Seafarers“ (USA 1952). 1953 erblickte sein erster Spielfilm „Fear and Desire“ (USA 1953) das Licht der Öffentlichkeit: Ein allegorisches, zeitlich und örtlich unbestimmtes Kriegsdrama, das die Geschichte von vier Soldaten, die sich hinter der Frontlinie verirrt haben, erzählt. Zwei Jahre später kam „Killers Kiss“ (USA 1955) in die New Yorker Kinos. Der Film beinhaltet die tragische Geschichte eines Boxers. Der große Durchbruch blieb noch aus, jedoch konnte Kubrick wertvolle Erfahrungen „um die technischen und logistischen Aspekte des Filmemachens“[39] sammeln. Eine der wichtigsten Konsequenzen aus dieser Arbeit war die Bekanntschaft mit James Harris. Während dieser Partnerschaft entstand sein Film „The Killing“ (USA 1956). Der erste Film, bei dem Kubrick stolz war, dass er seinen Namen trug. Dieser Film zeichnet sich vor allem wegen seiner blendenden Konstruktion, der präzisen Ausarbeitung von Szenen und der raffinierten Rückblenden aus. Der Film handelt von dem Scheitern eines Raubüberfalls auf die Kasse des Wettbüros einer Pferderennbahn.[40] Sein vierter Film „Paths of Glory“ (USA 1957) kam 1957 in die Kinos und wurde mit Kirk Douglas in der Hauptrolle sein durchschlagender Erfolg. Der Film spielt 1916 in Frankreich und handelt von einer militärisch unerreichbaren Mission, der Erstürmung einer uneinnehmbaren deutschen Höhe, deren Scheitern mit der Exekution dreier Soldaten bestraft wird. Douglas verkörpert einen französischen Colonel, der dieses sinnlose Unternehmen zum Ruhme der Generalität und zur Förderung seiner Karriere durchführen soll. Dieser Film begeistert durch die Darstellung der Charaktere und den vom Krieg vermittelten unübertroffenen visuellen Eindruck auf der Kinoleinwand. Kubrick war wegen seiner Erfahrungen mit der Fotografie einer der wenigen Regisseure, der es verstand seine Kameramänner so anzuweisen, dass sie den gewünschten Effekt einer Szene erzielten. Neben seiner meisterhaften Beherrschung der Filmtechnik, zeigte sich auch sein Talent mit Schauspielern zu arbeiten.[41] Ihm gelang es, deren Fähigkeiten und Persönlichkeit voll auszureizen. Oft waren lange, harte Drehtage und unzählige Wiederholungen einer Szene an der Tagesordnung. Alles musste perfekt sein. Kubrick verwies auf Nikolaj Gortschakows Werk „Unterricht bei Stanislawski“, das eine Anleitung zum Umgang mit Schauspielern enthält. Neben Pudowkins Werk über den Filmschnitt sei dies für jeden angehenden Filmregisseur unentbehrlich.[42] Am Set zu diesem Antikriegsdrama lernte er seine dritte Frau, Christiane Harlan, eine deutsche Malerin und Schauspielerin, kennen. Christiane Harlan spielte das ängstliche Mädchen, das am Ende des Films für die Truppe singt. Sie heirateten 1958, bekamen drei Kinder und blieben bis zu seinem Tod zusammen. Negative Erfahrungen und Probleme in Hollywood Fuß zu fassen, veranlassten Kubrick die Regie zu „Spartacus“ (USA 1960) zu übernehmen, obwohl er keine Kontrolle über Drehbuch, Produktion und Verleih hatte. Kirk Douglas spielte die Hauptrolle und war gleichzeitig Produzent der Verfilmung des historischen Sklavenaufstandes. Für den Perfektionisten Kubrick sollte dies eine schwere Aufgabe werden: Als Angestellter besaß er keine Kontrolle über diesen Film, konnte sich nicht so kreativ entfalten, wie er es wollte, und jederzeit entlassen werden. Dennoch gelang Kubrick und Douglas ein Meisterwerk, das mit mehreren Oskars ausgezeichnet wurde und den Golden Globe für den besten Film erhielt. Gerade weil Douglas vielen Vorschlägen des Regisseurs zugestimmt haben soll. Dieses Ereignis bestärkte Kubrick in seiner Entscheidung seine Filme von der Produktionsplanung über die Dreharbeiten bis zur Premiere und darüber hinaus zu kontrollieren.[43] Es war sein einziger All - Hollywood Film. Er war einer der wenigen Regisseure, der sich eine größtmögliche Unabhängigkeit von der Filmindustrie und somit sein Urteilsvermögen bewahrte. Kubrick wollte und konnte fortan immer sein eigener Chef sein. 1961 folgte „Lolita“ (Großbritannien 1961), beruhend auf Vladimir Nabokovs gleichnamigem Buch. Es behandelt die Liebesbeziehung eines Erwachsenen zu einer minderjährigen Nymphe. Wegen konservativer Kreise in Amerika musste er sich beim Dreh strenger Zensur unterwerfen. Die Dreharbeiten führten ihn nach England aufs Land. Kubrick sah sich aber immer als New Yorker. In Hertfordshire (nahe London) lebte er fortan zurückgezogen um sich den Machtkämpfen in Hollywood zu entziehen. Aus sicherem Abstand genoss und verfolgte er das Geschehen in Hollywood. Isoliert lebte er jedoch nicht: Zahlreiche Gäste, Geschäftspartner und Freunde besuchten ihn. Er hielt sich fortan im Heimkino mit neuen wie alten Filmen auf dem Laufenden. Er schaffte sich eine Einheit aus Geschäftszentrum und Familienidylle.[44] Kubrick beschäftigte sich schon seit längerer Zeit mit der ausweglosen Pattsituation der Nuklearmächte und erschuf die gruselige Komödie „Dr. Strangelove, or How I learned stop worrying and love the bomb“ (Großbritannien 1963). Kubrick begegnete einer drohenden Katastrophe mit prüfendem Verstand und wollte sich mit einem grimmigen Lächeln von pessimistischen Gefühlen befreien.[45] 1968 veröffentlichte er „2001: A Space Odyssey“ (Großbritannien 1968), das die Weltraumforschung und den ersten menschlichen Kontakt mit außerirdischen Lebensformen zum Thema hat. Kubrick wusste um die Bedeutung der revolutionären Erfindung des Computers, der das High - Tech Zeitalter einläutete. Besonders verfiel er der Vorstellung von künstlicher Intelligenz. Als Beispiel sei der Raumschiffcomputer HAL 9000 erwähnt.[46] Zudem stammen die ursprünglichen Ideen zu Steven Spielbergs „A.I.“ von Kubrick, der jedoch warten wollte, bis die Technik weiter ausgereift war, um dieses Projekt zu verwirklichen. Spielberg war eng mit Kubrick befreundet und vollendete sein Werk gebührend. Ein Jahr darauf erhielt er seinen ersten und einzigen persönlichen Oskar. Nicht für die Regieführung, sondern für die visuellen Effekte in dem Science Fiction Film. Nachdem Kubrick sein Projekt „Napoleon“ aufgab, vollendete er 1971 „A Clockwork Orange“ (Großbritannien 1971), basierend auf dem gleichnamigen Roman von Anthony Burges. Kubrick verfilmte eine schaurige Zukunftsvision aus der Sicht eines gewalttätigen Jugendlichen.[47] Wegen Nachahmungstätern ließ Kubrick damals die Vorstellung des Films in Großbritannien sperren. Dies zeigt seinen großen Einfluss auf seine eigenen Filme, den sich nur ein Ausnahmeregisseur wie Kubrick erlauben und leisten konnte. 1975 folgte das Historiendrama „Barry Lyndon“ (Großbritannien 1975). Bei der visuellen Umsetzung inspirierte und orientierte er sich v. a. an Gemälden des 19. Jahrhunderts, um möglichst realistische Bilder zu liefern. 1980 kam „The Shining“ (Großbritannien 1980) in die Kinos. Jack Nicholson erhielt für die Darstellung der Hauptperson einen Oscar. Im Film vermischen sich Wahnvorstellungen, Telepathie, Schizophrenie und Realität. Im Geist und Leben befinden wir uns in einem Labyrinth[48]. 1987 befasste er sich in „Full Metal Jacket“ (Großbritannien 1987) mit dem Vietnam-Krieg. Für viele einer der eindrucksvollsten Kriegsfilme aller Zeiten. Kubricks Werk (und Leben) schloss 1999 mit „Eyes wide shut“ (Großbritannien 1999), die Dreharbeiten zogen sich zwei Jahre hin, und die Absicht die „Traumnovelle“ zu verfilmen hatte er bereits länger. Wenige Tage nach dem Abschluss von „Eyes wide shut“ verstarb Stanley Kubrick 70-jährig am, 7. März 1999, im Kreise seiner Familie.

4. „Traumnovelle“ und „Eyes wide shut“
4.1 Inhalt der „Traumnovelle“
Kapitel 1(S.11-19):
Abbildung 5[49]: Nicole Kidman und Tom Cruise

„Vierundzwanzig braune Sklaven ruderten die prächtige Galeere, die den Prinzen Amgiad zu dem Palast des Kalifen bringen sollte. Der Prinz aber, in seinen Purpurmantel gehüllt, lag allein auf dem Verdeck unter dem dunkelbraunen, sternbesäten Nachthimmel, und sein Blick -“[50]

Dieser Auszug aus einem Märchen[51] aus „Tausendundeiner Nacht“, den die Kleine[52] laut vorliest, dient als symbolische Einführung. Die eigentliche Erzählung handelt von einem jungen Ehepaar[53], dem Arzt Fridolin[54] und seiner Frau Albertine[55] aus Wien[56].
Sie bringen gerade ihre Tochter zu Bett, als sie unter dem rötlichen Schein der Hängelampe ihre Unterhaltung[57] über den gestrigen Abend wieder aufnehmen:
Beide waren kurz vor Karnevalsschluss[58] auf einem Ballfest gewesen, wo man Ihnen getrennt voneinander Avancen gemacht hatte. Fridolin war von zwei roten Dominos[59] umworben worden, während Albertine sich einem melancholischen Unbekannten[60] entzog.[61]

Die weiße Winternacht beflügelte sie zu einem schon lange nicht mehr so heiß erlebten Liebesglück.[62] [63] (Vgl. Szenen 1-5).[64]





Fridolin forderte sein Beruf schon früh an die Betten seiner Patienten. Hausfrau- und Mutterpflichten ließen Albertine kaum länger ruhen.


Jedoch trügt der Schein, denn jetzt, nachdem sie ihre Tochter zu Bett gebracht haben, steigen die Schattengestalten[65] des vergangenen Abends zur Wirklichkeit[66] empor. Eifersüchtige und, gelinde ausgedrückte, rachsüchtige Bemerkungen folgen harmlosen und doch lauernden Fragen des Gesprächs:
„(...)Aus dem leichten Geplauder über die nichtigen Abenteuer der verflossenen Nacht ger[a]ten sie in ein ernstes Gespräch über jene verborgenen, kaum geahnten Wünsche, die auch in die klarste und reinste Seele trübe und gefährliche Wirbel zu reißen vermögen (...)“.[67]
Obwohl sie völlig einander in Gefühl und Sinnen angehören, verspürten sie gestern nicht das erste Mal einen Hauch von Abenteuer, Freiheit und Gefahr. Albertine, ob sie nun die Ungeduldigere, die Ehrlichere oder die Gütigere von beiden ist, gesteht arglos ihre Sehnsucht und fiktive Untreue[68]: Sie erzählt ihrem Mann von einem jungen Offizier[69], mit dem sie während ihres gemeinsamen Urlaubs in Dänemark[70] sicherlich geschlafen hätte, wäre sie von ihm angesprochen worden.[71]











Fridolin kommt aufgrund Albertines naiver Aufrichtigkeit zu einem vergleichbaren, etwas rachsüchtigen[72] und vielleicht erfundenen Eingeständnis[73]: Er erzählt ihr von einem jungen Mädchen[74] mit aufgelöstem blondem Haar, das über die Schultern und auf der einen Seite über die zarte Brust herabfloss. Beim Kreuzen Ihrer Blicke verspürte Fridolin eine solche, über alles je Erlebte hinausgehende Bewegung, dass er sich einer Ohnmacht nah fühlte. Diese Begegnung blieb jedoch folgenlos.[75] Albertine zieht das nüchterne Fazit: „Wir wollen einander solche Dinge künftighin immer gleich erzählen“.[76] Im abschließenden Teil des Gesprächs erinnern sie sich an ihre erste Begegnung und Albertine stellt nochmals klar, dass sie sowohl Subjekt als auch Objekt der Begierde ist:[77] Albertines Aussagen „Und wenn es auch mir beliebt hätte, zuerst auf die Suche zu gehen“ und „Ach, wenn ihr wüsstet“[78] drückt ihre Ansicht aus, dass auch Frauen sexuelles Verlangen besitzen und der Mann dies nicht zu begreifen scheint.[79] Das Gespräch wird unterbrochen: Fridolin wird an das Krankenbett eines Patienten gerufen. (Vgl. Szenen 6-7).[80]










Kapitel 2(S.20-25):





Fridolin begibt sich zur Wohnung des verstorbenen[81] Hofrats. Die Tochter des Patienten, Marianne[82], begrüßt ihn. Fridolin ist in seinen Gedanken abwesend. Er denkt über die Beziehung von Dr. Roediger[83] und Marianne nach: Sie sind verlobt und werden wohl eine „Ehe wie tausend andere“[84] führen. Im Affekt gesteht sie Fridolin ihre Liebe, die jedoch nicht erwidert wird. Er fühlt sich dadurch an seine Gattin erinnert, die sich, wie Marion gegen Dr. Roediger, auch gegen ihn entscheiden könnte um ihre Leidenschaften auszuleben. Jedoch trifft kurz darauf ihr Verlobter ein. Fridolin ist froh, dieser verzwickten Lage so entrinnen zu können, hat es aber nicht eilig nach Hause zu gehen.[85] (Vgl. Szenen 8-9).[86]







Kapitel 3 (S.26-32):

Von einer Gruppe Couleurstudenten[87] wird Fridolin auf der Straße unsanft angerempelt, behält jedoch vernünftigerweise die Fassung und geht weiter (Vgl. Szene 10).[88] Während er durch die Straßen schlendert, als suche er irgendetwas und weiß doch nicht was, spricht ihn die junge und attraktive Prostituierte Mizzi[89] an. Daraufhin begleitet er sie auf ihr Zimmer, wo ihn jedoch ihre Jugend und gewisse Empfindsamkeit davon abhalten mit ihr zu schlafen. Sie verweigert sein Geld, obwohl er es ihr anbietet.[90] (Vgl. Szene 11-12).[91]









Kapitel 4 (S.33-59):

Noch immer will er nicht nach Hause gehen. Er betritt ein Kaffeehaus, wo er zufällig in dem Mann, der ihm gegenüber sitzt, einen gewissen Nachtigall[92] und ehemaligen Mitstudenten erkennt. Die beiden Männer trinken zusammen und schwelgen in Erinnerungen.[93] Sehr bald fängt Nachtigall an Fridolins Neugier zu wecken: Nachtigall verdient seinen Lebensunterhalt mit nächtlichem Klavierspiel in gewissen wohlhabenden Häusern, in denen den Geräuschen nach zu urteilen, äußerst raffinierte Orgien stattfinden. Die Vorgänge sind dort derart skandalös und die Frauen so schön und womöglich aus der oberen Gesellschaft, dass Nachtigall mit verbundenen Augen spielen muss. Er kann sich zwar denken, was vor sich geht, aber was er tatsächlich zu sehen bekäme, würde ihn sein Leben kosten. Fridolin möchte erfahren, wie er dazustoßen kann um dieses aufregende Spektakel zu betrachten. Nachtigall sagt, dass es ein Kennwort gebe, welches er vom Kutscher erfahre, der ihn an eine ihm unbekannte Adresse bringen werde. Außerdem seien alle Teilnehmer der Orgie maskiert und kostümiert. Nachtigall stimmt widerwillig zu, als ihn Fridolin auffordert ihn zur nächtlichen Veranstaltung mitzunehmen. Sie verabreden ein Café als Treffpunkt um das Kennwort auszutauschen, damit Fridolin ihm anschließend unauffällig in seiner eigenen Kutsche folgen kann.[94] (Vgl. Szene 13).[95]





Fridolin hastet daraufhin zu einem Kostümverleiher. Obwohl es bereits sehr spät ist, überredet Fridolin den Kostümverleiher Gibiser[96] ihm ein dunkles Mönchskostüm und eine schwarze Larve zu leihen. Er nimmt dabei zwei Männer wahr, die sexuelles Interesse an der Tochter Gibisers bekunden, einer Nymphe mit reizendem Busen. Sie stellt sich Fridolin am besten in einem Prinzengewand vor. Die junge Verführerin entrüstet und erregt Fridolin gleichermaßen. Er warnt Gibiser den Zuhälter für minderjährige Mädchen abzugeben.[97] (Vgl. Szenen 14-15).[98]
Dann eilt er wieder zu Nachtigall, der ihm nun das Kennwort mitteilt: „Dänemark“.[99] Kurz darauf winkt er eine Droschke heran und folgt Nachtigalls Kutsche an ihr geheimes Ziel.
Am Zielort, einem luxuriösen Anwesen in der Vorstadt, angelangt, ist Fridolin einerseits nervös, andererseits doch entschlossen sein voyeuristisches Abenteuer zu meistern. Am Eingang wird von ihm das Kennwort „Dänemark“ verlangt, das jedes Misstrauen zu zerstreuen scheint. (Vgl. Szene 16).[100]
Er findet sich in stattlicher und attraktiver Gesellschaft wieder, in der anonymes Understatement vorherrscht. Alle Teilnehmer sind als Mönche bzw. Nonnen verkleidet. Er befindet sich in einer ernsten Umgebung mit Zügen einer Verschwörung oder einer Sekte. (Vgl. Szene 17).[101] Als einziger trägt er einen Pilgerhut, den er abnimmt, und so unauffällig wie möglich umherwandelt.
Ein weiblicher Gast[102] scheint zu erraten, wer der Eindringling ist und beschwört ihn, zu gehen, bevor es zu spät sei. Jedoch zieht er es vor sich dreist weiter unter die Maskierten zu mischen.[103] Plötzlich kommt Bewegung auf und alle wunderschönen Frauen zeigen sich nackt, das „wandelte ihm seine unsägliche Lust des Schauens in eine fast unerträgliche Qual des Verlangens“.[104] Trotz weiterer eindringlicher Warnungen der schönen Frau sieht er sich in seiner Hochstapelei erfolgreich und ignoriert diese.[105] (Vgl. Szene 18-20).[106]











Als seine Warnerin zum Tanz aufgefordert wird, sprechen ihn, nun alleine gelassen, zwei bedrohlich aussehende Herren an, die von ihm die Parole für das Innere des Hauses verlangen. Er gibt vor, diese vergessen zu haben, was die Männer weder beschwichtigt noch belustigt. Anschließend wird er in einen Raum geführt, in dem er eine ihm feindselig gesinnte Menge an Männern vorfindet.[107] Er wird von einem Mann aufgefordert die Maske abzunehmen und zu erklären, wer er sei. Fridolin ist einverstanden, solange es ihm die anderen gleichtun.[108] (Vgl. Szene 21).[109]
Ihm droht, böse zusammengeschlagen oder getötet zu werden, als die schöne Frau, die ihn zuvor angefleht hatte zu gehen, den Raum betritt. Sie verlangt von den Männern Fridolin zu verschonen und bietet sich als Sündenbock an: „Lasst ihn[...], ich bin bereit ihn auszulösen“.[110] Fridolin reagiert darauf zunächst ablehnend, da er die weiteren Konsequenzen fürchtet, doch ihm wird klar gemacht, dass an dem Los dieser Frau nun nichts mehr zu ändern sei, denn „wenn hier ein Versprechen geleistet wurde, gibt es kein Zurück“.[111] Machtlos die Opfergeste der geheimnisvollen Frau zu verhindern, wird Fridolin eilig aus dem Raum entfernt und in eine Kutsche gesetzt, die eilig davonfährt. (Vgl. Szene 22).[112] Noch in Gedanken bei der mysteriösen Retterin und der geheimnisvollen Gesellschaft begibt er sich nach Hause.[113]




Kapitel 5 (S.60-68):

Schließlich kommt Fridolin verwirrt und erschöpft zu Hause an, wo seine Frau gerade aus einem Traum erwacht. Nachdem er seine Mönchskutte versteckt hat, legt er sich zu Albertine, die ihm das nächste erotische und schockierende Kapitel aus ihrem Traumleben erzählt. Albertine schildert ihm einen langen, befremdlichen und furchtbaren Traum: Während sie schamlosen Sex mit einem dem Dänen ähnelnden Liebhaber und vielen anderen Männern genießt, beobachtet sie ihren Gatten, der gerade verhaftet wird. Noch als er gefoltert wird und sein Tod unmittelbar bevorsteht, bleibt Albertine in ihrem Traum eher verächtlich als beunruhigt. Diese Sorglosigkeit und Entwürdigung entrüstet Fridolin später, angesichts seines fiktiven bevorstehenden Todes. Diese erträumte Untreue seiner Frau scheint seinen Entschluss zu rechtfertigen, die schöne Frau zu finden, die sich für ihn opferte. Er muss herausfinden, was mit ihr geschehen ist.[114] (Vgl. Szenen 23 – 24).[115]













Kapitel 6 (S.69-92):

Am nächsten Morgen beginnt er sobald wie möglich mit seinen Nachforschungen: Er sucht das Café auf, in dem Nachtigall spielte, wo er die Adresse von Nachtigalls Hotel erfährt. (Vgl. Szene 25).[116] Danach begibt er sich in das Hotel, wo Nachtigall abgestiegen war. Der Portier berichtet ihm, dass ihn zwei Männer mehr oder weniger mit Gewalt mit sich nahmen. (Vgl. Szene 26).[117]
Daraufhin bringt er seine Mönchskutte zum Kostümverleiher Gibsier, der seine Tochter, trotz Fridolins nächtlicher Mahnungen, an einen der beiden Pädophilen verkauft hat (Vgl. Szene 27).[118]
Die nächste Station ist das luxuriöse Anwesen, wo der Maskenball stattfand. Kaum ist er dort vorgefahren, erscheint ein Bote mit einer „zweiten Warnung“[119], die ihn auffordert umzukehren und die Suche endgültig aufzugeben. (Vgl. Szene 28).[120]
Nach Beendigung der Sprechstunde sieht er noch einmal nach Frau und Kind. Ihn quält die brennende Eifersucht. Niedergeschlagen kehrt er in die Stadt zurück, noch immer entschlossen das Rätsel der vergangenen Erlebnisse zu lösen. Als er die Tochter des Hofrats aufsucht, will sie gerade mit ihrem Verlobten die Stadt verlassen und wird Fridolin wohl niemals wieder sehen. (Vgl. Szene 29).[121]



Die junge Prostituierte ist ins Krankenhaus eingeliefert worden und wird, einer anderen Hure[122] zufolge, eine ganze Weile nicht wiederkommen. (Vgl. Szene 30-31).[123]
In einem Café liest Fridolin in der Zeitung von der Morphiumvergiftung einer „Baronin D.“[124] Er kommt überstürzt zu dem Schluss, dass die „Baronin D. unmöglich jemand anders sein konnte als die Frau von heute Nacht“[125] und macht sich auf den Weg ins Krankenhaus, wo er erfahren muss, dass sie bereits tot ist. Durch seine medizinische Qualifikation verschafft er sich Zutritt zur Leichenhalle.
Er untersucht die Leiche ohne sicher zu sein, ob es sich dabei um die geheimnisvolle Frau vergangener Nacht handelt. Fridolin beugt sich wie magisch angezogen über den Leichnam. Der Pathologe, dem die Leichenhalle untersteht, ruft Fridolin zur Ordnung und fragt als er aufbricht, „also war sie´s ?“[126] Fridolin zögert und „nickt wortlos“[127]. Draußen begreift er die „Nichtigkeit seiner Abenteuer“[128] (Vgl. Szene 32).[129]






Kapitel 7 (S.93- 95):

Er geht heim zu seiner Familie (Szenen 33-35).[130] Auf dem Kissen neben seiner schlafenden Frau findet er die Maske vor, die er bei Gibiser lieh. Er bricht seelisch zusammen und erzählt Albertine die ganze Geschichte, als wäre das der einzige Weg, ihre Ehe zu retten (Vgl. Szene 36).[131]




Die Sonne geht schon auf, als Albertine auf Fridolins Frage „Was sollen wir tun“[132] erwidert:
„Dem „Schicksal dankbar sein, glaube ich, daß wir aus allen Abenteuern heil davon gekommen sind – aus den wirklichen und aus den geträumten“ „Weißt du das auch ganz gewiß ?“ fragte er. „So gewiss, als ich ahne, dass die Wirklichkeit einer Nacht, ja daß nicht einmal die eines ganzen Menschenlebens zugleich auch seine innerste Wahrheit bedeutet. „Und kein Traum“ seufzt er leise, „ist völlig Traum.“[...] „Nun sind wir wohl erwacht“ sagte sie – „für lange.“[133]




Wie sie „traumlos nah“[134] beieinander liegen und schlummern, scheinen die Eheleute wieder versöhnt. Von einem „sieghaften Lichtstrahl“[135] werden sie empfangen und mit „helle[m] Kinderlachen“[136] begrüßt. (Vgl. Szene 37 - 38).[137]
Abbildung 6[138]: Alice und Bill
4.2 Inhaltliche Abweichungen

4.2.1 Das Passwort:

In Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ lautet das Passwort für die geheime Orgie „Dänemark“.[139] Die Anspielung auf den gemeinsamen Sommerurlaub des Paares in Dänemark drängt sich derartig auf, dass es lohnend ist einen näheren Blick darauf zu werfen: „Dänemark“ symbolisiert sowohl die mögliche Untreue und Sehnsüchte beider Partner als auch deren unzertrennliche Liebe. Albertine gesteht im Gespräch über den anziehenden Offizier im Urlaub: „Wenn er mich riefe (...), ich hätte nicht widerstehen können (...) und zugleich (...) warst du mir teurer als je“.[140] Fridolin fühlte ähnlich bei dem Anblick des jungen Mädchens und drückt dies so aus: „In jedem Wesen (...), das ich zu lieben meinte, habe ich immer nur dich gesucht“.[141] Sie ziehen den Schluss, sich künftig einander solche Dinge gleich zu erzählen. Dieses Gespräch drückt also die notwendige Grundlage ihrer Beziehung aus: Treue, absolutes Vertrauen und Offenheit trotz endloser Versuchungen, ob geträumt oder real erlebt. Die Eheleute erkennen dies noch nicht und begeben sich deshalb auf diese Abwege. Gleichzeitig ist dieses Leitmotiv Teil der Peripetie der Odyssee Fridolins: Bis zum Maskenball bewegt sich Fridolin auf allen Ebenen scheinbar von seiner Frau weg und scheint den vielen erotischen Versuchungen nicht mehr entgehen zu können. Das Passwort „Dänemark“ wirkt hier wie eine Warnung und Hinweis. Es verhilft Fridolin dazu sich zu besinnen und wird somit zum Wendepunkt des Geschehens: Fridolin beginnt seine Erlebnisse zu verarbeiten, erkennt schließlich die Liebe zu seiner Frau und gesteht ihr am Ende alles[142]. Der Kreis, sieht man Albertines Träume als Spiegel seiner Wünsche, schließt sich. Bei Stanley Kubrick erlangt Bill durch das Nennen von „Fidelio“ den Einlass zum erotischen Spiel. Auch hier ist es Teil des Umkehrpunktes und deutet schon das glückliche Ende an. Kubricks „Fidelio“ sei ein „Verweis auf Beethoven und die Nietzsche - Deutung als Ausbruch des Dionysischen, aber zugleich die Bezeichnung von „Treue“[143]. Anders als Seeßlen, der nur „Fidelio“ als mehrdeutig sieht, sehe ich in beiden Passwörtern „das ganze Dilemma des Helden“[144] ausgedrückt. Beide Werke versuchen u.a zu erklären, was Liebe ist. Die Helden suchen den Grund für ihre Treue zueinander, da es viele Anlässe zur Untreue gibt: Träume, Sehnsüchte, andere Frauen oder Männer. Kubrick ironisiert den Begriff „Treue“, da er Einlass zu der Orgie gewährt, wo die Untreue geschieht. Wie Fridolin erkennt Bill dadurch, dass er seine Frau liebt und ihr deshalb treu bleibt. Stanley Kubrick hat somit eine hervorragende Wahl getroffen, da beide Passwörter diesen Gegensatz von Treue und Untreue enthalten.






















4.2.2 Die Maske:

Den Höhepunkt der Novelle und des Films bildet der Maskenball. Während bei Schnitzler die Teilnehmer Larven tragen, welche nur die obere Gesichtshälfte bedecken, verdecken die Masken bei Kubrick das ganze Gesicht.[145] Kubrick lässt somit keine Deutung auf die Gefühlswelt der Teilnehmer - über ihre Gesichtszüge - zu, auch Schnitzler beschreibt dies nicht. Die Zeremonie beginnt mit einer Art bizarrem Gottesdienst: Alle Frauen lassen ihre Kleider fallen, bleiben aber maskiert:
„Fridolins Augen irrten durstig von üppigen zu schlanken, von zarten zu prangend erblühenden Gestalten; -und dass jede dieser Unverhüllten doch ein Geheimnis blieb und aus den schwarzen Masken als unlöslichste Rätsel große schwarze Augen zu ihm herüberstrahlten, das wandelte ihm die unsägliche Lust des Schauens in eine fast unerträgliche Qual des Verlangens“.[146]
Dieser Prozess wird in „Eyes wide shut“ abgebrochen: Bill Harford erlebt vor allem die „Qual des Schauens“.[147] Kubrick geht es weniger um die Lust des Voyeurs als um die folgende Bestrafung.[148] Dies erklärt auch, warum Bill gezwungen wird die Maske abzunehmen, während Fridolin gestattet ist sein Gesicht zu wahren, nachdem er als Eindringling enttarnt wurde. Die Abnahme der Maske ist für Bill auch die Erfahrung einer sozialen Ohnmacht, die Schnitzler in der Begegnung Fridolins mit den Korpsstudenten andeutet. Bill muss feststellen, dass er nicht in diese Geheimgesellschaft gehört und wird bloßgestellt, die anderen erkennen seine wahre Identität. Eine maskierte Unbekannte bzw. Mandy rettet ihn: Sie bietet sich als Opfer für den Helden an. Auf der Suche nach der Wahrheit erkennt sich der Held selbst, sowohl bei Schnitzler als auch bei Kubrick, als er die Maske auf dem Bett neben seiner Frau sieht. Die Maske ist Symbol für Lüge und Illusion der Ehe, Liebe und des gesamten Lebens. Ob sie nun wirklich am Ende vom Gesicht der Eheleute abfällt, bleibt offen.


4.2.3 Die Person Victor Ziegler:

Die Person Victor Ziegler, die es in der „Traumnovelle“ nicht gibt, nimmt eine besondere Rolle in Stanley Kubricks Film ein. Der vergangene Ball zu Beginn wird in der „Traumnovelle“ kurz erzählt und im Gespräch des Ehepaares aus der Gegenwart betrachtet. Bei Kubrick nimmt der Ball eine besondere Stellung ein: Der Zuschauer verfolgt das Geschehen „live“, die Personen Nick Nightingale, das Ehepaar Ziegler und Amanda Curran werden eingeführt. Warum fügt Kubrick Victor Ziegler in die Geschichte ein?
Diese Personen bzw. der Ziegler-Ball dienen zur Rationalisierung des Geschehens. Alles soll ein logisches Konzept haben. So trifft Bill später nicht zufällig auf Nightingale in dem Café, sondern erfährt bereits auf dem Ball, dass er ihn im „Sonata Café“ antreffen kann. Nick Nightingale wird der Schlüssel zur Orgie. Auch die Tatsache, dass Ziegler Bill darum bittet, ihm aus der Affäre zu helfen ist von großer Bedeutung: Bill behandelt die zusammengebrochene Mandy, die die Drogen, welche sie zuvor genommen hatte, nicht verträgt. So kann Zieglers Seitensprung mit Mandy unter sechs Augen bleiben, ohne das andere Gäste davon erfahren. Auch erhält hier Mandy überhaupt erst ein Motiv Bill später zu retten. Beide sind ihm zu Dank verpflichtet. Deshalb kann Bill nahezu unversehrt aus der Orgie entrinnen und wird kurz vor Schluss, unter dem Schein grüner Hängelampen, im Gespräch mit Victor Ziegler darüber aufgeklärt, was wirklich geschehen sei.






Aber wie kann man einem Mann mit rotem Billardtisch glauben?[149] Trotzdem bleibt es ein besonderer Dienst, der zugleich letzte Warnung ist, den Ziegler wohl nicht jedem erweist. Außerdem blickt Bill durch den verheirateten Ziegler, der Repräsentant der gebildeten Oberschicht ist, hinter die Fassade und den Schein der High - Society, wodurch es ihm gelingt sich am Ende scheinbar selbst zu entlarven. Somit dient Ziegler der Logik des Geschehens und ist gleichzeitig ein Subjekt dieser moralisch anstößigen Verhaltensweisen der New Yorker Oberschicht. Kubrick kritisiert deren Doppelmoral.

















4.3 Strukturelle Unterschiede

4.3.1 Der Titel:

Was als erstes ins Auge fällt, ist der unterschiedliche Titel der Werke. Während Schnitzler „Traumnovelle“ wählt, bevorzugt Kubrick „Eyes wide shut“. Zunächst nannte Schnitzler die Erzählung „Doppelgeschichte“, dann „Doppelnovelle“ und erst 1924 „Traumnovelle“. Die verworfenen Titel spiegeln Fridolins Charakter bzw. Lebensweise wider: Fridolin möchte „eine Art von Doppelleben führen, zugleich der tüchtige, verlässliche, zukunftsreiche Arzt, der brave Gatte und Familienvater sein – und zugleich ein Wüstling, ein Verführer, ein Zyniker, der mit den Menschen, mit Männern und Frauen spielte, wie ihm just die Laune ankam“[150]. Man sollte den letztlich gewählten Titel „Traumnovelle“ zweigliedern um der Bedeutung näher zu kommen und zwar in „Traum“ und „Novelle“. Mit ersterem legte er besonderen Wert darauf, dass der Leser sich bewusst ist, dass der Traum eine sehr elementare Rolle in seinem Buch einnimmt. Dies ist im historischen Kontext zu Freud zu sehen.[151] Die Novelle kann man folgendermaßen definieren: „Von einem einzelnen ungewöhnlichen Ereignis handelnde, kürzere, sich steigernde, gedrängt berichtende Erzählung [[152] In Bezug zum Traum Albertines, kann man feststellen, dass das Geständnis ihrer erotischen Fantasien für Fridolin eine unerhörte Neuigkeit ist und er darauf beginnt den Grund für sein eigenes Treueversprechen zu suchen. Dieser Traum ist somit Auslöser der ungewöhnlichen Ereignisse und spiegelt die Sehnsüchte, Wünsche und Gefahren wider, denen Fridolin, fortan immer bewusster, real ausgesetzt ist und Albertine im Traum erlebt. Auch gerade deshalb deutet Kubricks Titel „Eyes wide shut“ diesen Zustand des Träumens eher subtil an und befremdet zunächst, wodurch das Motiv des Traums, der eigentlich eher ein Symbol für die Sehnsüchte beider Partner ist, nicht so sehr in den Mittelpunkt gerückt wird wie bei Schnitzler. Vielleicht wollte er die Entwicklung des Ehepaars im Verlaufe der Erzählung metaphorisch darstellen: Die Eheleute graben immer mehr Unbewusstes aus, sowohl Erlebtes als auch Erträumtes, und öffnen sich so gegenseitig die Augen um den angeblichen Schein ihrer Ehe zu entlarven. Alice scheint dies schon zu Beginn zu verstehen und provoziert bewusst, muss aber trotzdem noch eine Lösung für sich selbst finden, um mit ihren Sehnsüchten fertig zu werden. Es endet darin, dass beide ihre Liebe erkennen und sich fortan bewusster mit den Problemen und Gefahren dieser Ehe auseinandersetzen. Man könnte den Filmverlauf daher als eine Art Lidschlag sehen, dargestellt aus der Sicht Bills: Zu Beginn sind die Eheleute blind, erst am Ende stehen sie mit weit geöffneten Augen da und erkennen ihre Liebe, dies gilt besonders für Bill. Sie erkennen aber auch, dass sie niemals die absolute Wahrheit sehen können, dies gilt besonders für Alice.























4.3.2 Der Ort:

Arthur Schnitzler begann 1907 mit seiner Arbeit an der „Traumnovelle“, die er erst 1925 vollendete. Nach Seeßlen spielt die „Traumnovelle“ in „den Unterwelten der kaiserlichen und königlichen Gesellschaft und in der Trümmerlandschaft des Nachkrieges, (...) in einer Traumwelt und in einer bürgerlichen Wirklichkeit.“[153] In diesem Kontext kann die literarische Vorlage als Reflex auf zeitbedingte gesellschaftliche Lebensumstände, wie z. B. den Einfluss der Psychoanalyse von Freud, das Leben im Wien der Nachkriegszeit oder die geheuchelte Sexualmoral, interpretiert werden.
Kubrick verlegte die Handlung der „Traumnovelle“ ins New York der Neunziger, „ein Ort, der ebenso zeitlos und unwirklich ist wie Schnitzlers Wien“.[154] Kubrick wollte nicht von einer bestimmten Zeit oder einem bestimmten Ort, sondern von einem Problem der soziologischen Determiniertheit sprechen, wobei die New Yorker Gesellschaft, dem Wien, welches Schnitzler beschreibt, sehr ähnelt. Dabei stehen „eine Lockerung der Sitten und ein innerer und äußerer Zwang zur Offenheit,[...]einer nach wie vor fundamentalen Organisation von Liebe und Familie gegenüber“.[155]













4.3.3 Die Zeit:

Stanley Kubrick verlegt die Handlung des Films von der Karnevalszeit in die Weihnachtszeit. Schnitzlers literarische Vorlage handelt während des Karnevals und lässt Fridolins Odyssee rationeller erscheinen, so könnte man sich z. B. den sonderbaren Maskenball erklären. Ebenso könnte man den Gefühlswandel und die aufkommenden Sehnsüchte der beiden Eheleute unter dem Aspekt der „Narrenfreiheit“ eher verstehen. Wahrscheinlich wollte Schnitzler durch den Karneval betonen, dass das ganze Leben eine große Farce ist. Kubrick wechselt in die Weihnachtszeit. Somit geht augenscheinlich der Versuch der Rationalisierung verloren[156]. Er kontrastiert dagegen Handlungszeit und Geschehen sehr stark: Kubrick verlegt die Handlung in die Zeit des traditionellen Weihnachtsfestes um die Einheit und Harmonie der heiligen Familie zu unterstreichen. Im Film tauchen wiederkehrende und standardisierte Weihnachtsbäume auf, wie z.B. anfangs auf dem Ball, in der Wohnung der Prostituierten oder in der Wohnung der Harfords, um dies bildlich zu symbolisieren. Unterstützt wird dies auch durch andere Weihnachtsbräuche: Den gemeinsamen Weihnachtseinkauf und das Geschenkeeinpacken. All dies bewirkt, dass das Geschehen und Verhalten der handelnden Hauptpersonen dramatisiert wird. Der Zuschauer wird irritiert und provoziert und die Handlung dadurch interessanter gestaltet.











5. Die Analyse der „Traumnovelle“

5.1 Schnitzler als Psychologe

Parallelen der „Traumnovelle“ zur Traumdeutung[157] und Psychoanalyse Sigmund Freuds können eingeschränkt gezogen werden. Freud und Schnitzler lernten sich beim Studium in Wien kennen. Zu intensiven Begegnungen oder gar freundschaftlichem Kontakt kam es nie, es blieb bei gelegentlichen Zusammentreffen und seltener Korrespondenz. 1906 schrieb Freud an Schnitzler:
„Seit vielen Jahren bin ich mir der weitreichenden Übereinstimmung bewusst, die zwischen Ihren und meinen Auffassungen mancher psychologischer und erotischer Probleme besteht... Ich habe mich oft verwundert gefragt, woher Sie diese oder jene geheime Kenntnis nehmen konnten, die ich mir durch mühselige Erforschung des Objektes erworben, und endlich kam ich dazu, den Dichter zu beneiden, den ich sonst bewundert“[158].
Beide waren Psychologen: Schnitzler als Künstler und Freud als Wissenschaftler. Freud bewunderte „Schnitzler als jemanden[...], der in künstlerischer Intuition vorwegnahm, was er durch objektive Untersuchung zutage förderte“.[159] Warum aber kam es nie zu einem Treffen oder dem Versuch gemeinsamer Arbeit? 1922 gestand Freud Schnitzler:
„Ich will Ihnen (...) ein Geständnis ablegen (...) . Ich meine, ich habe Sie gemieden aus einer Art von Doppelgängerscheu. Nicht etwa, dass ich sonst so leicht geneigt wäre, mich mit einem anderen zu identifizieren oder dass ich mich über die Differenz der Begabung hinwegsetzen wollte, die mich von Ihnen trennt, sondern ich habe immer wieder, wenn ich mich in Ihre schönen Schöpfungen vertiefe, hinter deren poetischen Schein die nämlichen Voraussetzungen, Interessen und Ergebnisse zu finden geglaubt, die mir als die eigenen bekannt waren. Ihr Determinismus wie Ihre Skepsis – was die Leute Pessimismus heißen -, Ihr Ergriffensein von den Wahrheiten des Unbewussten, von der Triebnatur des Menschen, Ihre Zersetzung der kulturell-konventionellen Sicherheiten, das Haften der Gedanken an der Polarität von Lieben und Sterben, das alles berührte mich mit einer unheimlichen Vertrautheit. (...) So habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie durch Intuition – eigentlich aber in Folge der Selbstwahrnehmung – alles das wissen, was ich in mühseliger Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe. Ja ich glaube, im Grunde ihres Wesens sind Sie ein psychologischer Tiefenforscher, so ehrlich unparteiisch und unerschrocken wie nur je einer war, und wenn Sie das nicht wären, hätten Ihre künstlerischen Fähigkeiten, Ihre Sprachkunst und Gestaltungskraft, freies Spiel gehabt und Sie zu einem Dichter weit mehr nach dem Wunsch der Menge gemacht. Mir liegt es nahe dem Forscher den Vorrang zu geben. Aber verzeihen Sie, dass ich in die Analyse geraten bin, ich kann eben nichts anderes. Nur weiß ich, dass die Analyse kein Mittel ist sich beliebt zu machen“.[160]
Das 1899 vollendete Werk „ Die Traumdeutung“[161] (1900) läutete das 20. Jahrhundert ein und sollte es entscheidend prägen. Freud gilt als Pionier der Psychoanalyse. Jedoch erkennt man in einem Brief an den Freud - Schüler Theodor Reik, dass Schnitzler dem skeptisch gegenüberstand: „Nach dem Dunkel der Seele gehen mehr Wege (...) als die Psychoanalytiker sich träumen (und traumdeuten) lassen“.[162] Schnitzler hielt die Versuche Freuds zur Rationalisierung der Psyche wohl für einen unmöglichen Ansatz. Aus moderner Sicht erkennt Schnitzler, dass sich die Psyche nicht einfach in Begriffe wie z.B. „Ich, Über-Ich und Es“[163] teilen lässt, verkennt aber andererseits den Einfluss der wissenschaftlichen Arbeit Freuds zur Entwicklung der modernen Psychoanalyse. Beide müssen als Pioniere der Psychoanalyse gesehen werden. Freud ist anerkannt, Schnitzler vergessen. Trotzdem steht die „Traumnovelle“ im eindeutigen Widerspruch zur Traumdeutung nach Freuds Thesen: Sie ist hauptsächlich ein künstlerisches Werk als „Widerspruch des Ästhetischen gegen die Wissenschaft“[164]. Es geht darum, dass die Grenzen zwischen Bewusstem und Unbewusstem verschwimmen, sie sich gegenseitig spiegeln, und der „Versuch der Rationalisierung so gründlich, ja katastrophal scheitern muss“.[165] Auf den Punkt gebracht: Die „Traumnovelle“ ist also Parallele im Geist, differenziert sich aber von der Psychoanalyse als blanke Wissenschaft.

5.2 Das Motiv des Märchens:

Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ erzählt die Geschichte einer Ehe, die scheinbar unvermittelt in eine schwere Krise gerät, aber beide Partner am Ende wieder zueinander finden. Zahlreiche Werke des Wiener Autors beschäftigen sich mit ähnlichen Themen[166]. Die „Traumnovelle“ nimmt aber eine Sonderstellung im Werk Schnitzlers[167] ein: Sie sei „fast das einzige Werk, das nicht mit der persönlichen Katastrophe einer Gestalt, dem Ende einer menschlichen Beziehung oder zumindest mit Resignation endet“[168]. Wie kommt es also zu diesem scheinbar versöhnlichen Schluss?
Die „Traumnovelle“ beginnt mit einer Szene aus einem Märchen[169]:
„Vierundzwanzig braune Sklaven ruderten die prächtige Galeere, die den Prinzen Amgiad zu dem Palast des Kalifen bringen sollte. Der Prinz aber, in seinen Purpurmantel gehüllt, lag allein auf dem Verdeck unter dem dunkelblauen, sternbesäten Nachthimmel, und sein Blick -“[170]
Neben dem Motiv der Geschichte in der Geschichte führt dieser Auszug das zentrale Motiv des Märchens ein. Dieses Fragment verweise auf die „Geschichte der Prinzen Amgiad und Assad“ aus „Tausendundeine Nacht“.[171] Sowohl im Märchen als auch in der „Traumnovelle“ finden sich „Motive der Nacht, der Einsamkeit, der Reise und des Abenteuers“,[172] der Orientierungslosigkeit und eines guten Endes. Im Kontext der Erzählung begegnet man diesem Motiv des Märchens in verschiedenen Formen. Dazu gehören zum Beispiel die Warnungen der geheimnisvollen Frau, die Fridolin als Prüfung und Probe seines Mutes interpretiert.[173] Konkreter ist dies in der Begegnung Fridolins mit der Tochter des Kostümverleihers,[174] die ihm ein kostbares Prinzengewand zuweist, oder in Albertines Traum[175] zu sehen, der die eingangs begonnene Märchengeschichte auf besondere Weise fortführt und Fridolin mit einem Prinzen identifiziert. Die märchenhaften, wunderbaren und merkwürdigen Ereignisse Fridolins werten viele Interpreten als unwirklich und „im Sinne eines der Erzählung unterstellten psychologischen Realismus[...]als Traum“.[176] Bei aufmerksamer Lektüre wird die „fiktive Realität“ schon anhand der Ebene des Erzählten deutlich: Fridolin beteuert nach dem nächtlichen Maskenball, nachdem er erwogen hat vielleicht nur mit Fieber im Bett zu liegen, dass er gesund und völlig wach sei.[177] Auch nach seinen Nachforschungen am Tag darauf, als er erneut die Wirklichkeit seiner Abenteuer bezweifelt, entdeckt er auf seinem Kopfkissen die Maske als untrüglichen Beweis.[178] Die „Traumnovelle“ ist ein Versuch die „Märchenhaftigkeit des Alltäglichen“[179] zu gestalten. Die beiden Protagonisten der Erzählung verlieren sich und finden nach verschiedenen Abenteuern am Ende wieder zusammen. Dies erinnert an ein Märchen und ist zugleich durch das Erzählen von Träumen bzw. Sehnsüchten und realen Erlebnisse begründet.[180] Unabhängig von Inhalt und Herkunft des Märchens ist dies ein Schlüssel und Signal für die folgende Geschichte im Sinne der Incipit - Formel „Es war einmal“[181] : Die Helden bestehen eine Folge von erotischen Abenteuern und werden schließlich einem guten Ende entgegengeführt.[182]












6. Analyse von „Eyes wide shut“

Stanley Kubrick:

„Die wichtigsten Werkzeuge, mit denen man [an] einem Film arbeiten muss, sind meines Erachtens Bild, Musik, Montage und die Gefühle der Schauspieler. Sprache ist sicherlich wichtig, aber für mich kommt sie erst an fünfter Stelle. (...) Für mich persönlich bestehen die unvergesslichsten Szenen in den besten Filmen in der Hauptsache aus Bild und Musik“.[183]

6.1 Die Musik:

Musik übernimmt im Film viele Funktionen: Sie kann über Bilder informieren, das Geschehen interpretieren und beim Zuschauer Emotionen wecken.

6.1.1 „Waltz 2 from Jazz Suite“:

„Eyes wide shut“ beginnt mit weißen Titeleinblendungen vor schwarzem Hintergrund,[184] dazu ertönt Dimitri Shostakovichs „Waltz 2 from Jazz Suite / Royal Concertgebouw Orchestra“.[185] Mit dem Jazz – Walzer setzt die erste Szene „Fertig für die Party“ ein. Bill und Alice sind gerade bei den letzten Vorbereitungen zu der Weihnachtsparty bei Victor Ziegler. Ehe sie aufbrechen, stellt Bill die Stereoanlage ab, worauf die Musik erlischt, und löscht das Licht. Der Jazz – Walzer ist hier Bildton,[186] der, nach vorne verlagert, den „Main Titel“ mit einbezog.[187] Der Walzer ist Symbol ihrer Ehe (Hochzeitswalzer) und Liebe. Der schwingende Dreier – Takt des Walzers signalisiert Unbeschwertheit und Leichtigkeit. Durch die Verwendung eines Jazz – Walzers wird dies gleichzeitig in Frage gestellt: Der Jazz – Walzer ist kein „klassischer Walzer“ und somit „nicht ganz echt“.[188] Dies könnte zu verstehen geben, dass die Unbeschwertheit ihrer Beziehung nicht ganz echt ist. Der trügerische Schein ihrer Ehe und Liebe wird entlarvt und im folgenden Handlungsverlauf auf die Probe gestellt. Ein zweites Mal erscheint der Jazz – Walzer am Anfang der Szene „Sicher Sein“ (Szene 6) ; diesmal als Fremdton[189]. Die Bilder zeigen Bill bei seiner Arbeit in der Arztpraxis. Alice ist zuhause und kümmert sich um Ihre Tochter. Hier steht der Walzer als Symbol für ihre unbeschwerte Familie. Dennoch ist ihr Leben nur eine Farce: Der Walzer leitet in das Streitgespräch über, das Auslöser der folgenden Ereignisse ist. Der Jazz – Walzer begleitet auch den „Abspann“ (Szene 38) und bildet somit einen Rahmen um die Filmhandlung. In der vorausgehenden Szene „Für immer“ (Szene 37) gibt Bill das Versprechen für immer treu zu sein, während Alice ihm ihre Liebe gesteht und „Ficken“[190] will. Der Jazz – Walzer am Ende lässt den Film musikalisch angenehm enden und symbolisiert, dass sie einen Neuanfang wagen können und die Probe vorerst bestanden ist. Für immer? Das bleibt offen, sie stehen an einem neuen Anfang. Die Maskerade des Lebens und Liebens geht weiter, bis dass der Tod sie scheidet.













6.1.2 „Musica Ricerta, II“:

Das Musikstück von György Ligeti „Musica Ricerta, II (Mesto, rigido cerimoniale)“[191] erklingt als Fremdton an fünf Stellen: Auf der Orgie, als Bill gerichtet werden soll (Szene 21 „Voyeure“, die Musik geht in Szene 22 „Kein zurück“ über und bricht mit dem Erscheinen seiner Retterin ab); am nächsten Tag vor dem Landschloss, wo Bill seine „zweite Warnung“ (Szene 28) erhält; bei der Verfolgung durch einen Unbekannten (Szene 31 „Unter Verfolgung“); als er aus der Zeitung von Mandys Tod erfährt (Szene 32 „Auf der Suche nach Mandy“); während Bill nach Hause kommt (Szene 36 „William kommt nach Haus“). Das Klavierstück besteht lediglich aus drei verschiedenen Tönen. Es wurde während des Kommunismus geschrieben, als diese Art von Musik verboten war, und sollte ein Stich in Stalins Herz sein. Dies kann man auch auf Bill beziehen (bes. in Szene 36 „William kommt nach Haus“): Das Musikstück steht in direkter Verbindung mit der Gefahr und Bedrohung, die Bill umgibt. Die Musik steigert sich gleich der wachsenden Spannung, die die Bilder und das Geschehen dem Zuschauer vermitteln. Zudem verbindet Ligetis Stück die Elemente der Bedrohung und fasst sie so zu einer Einheit zusammen.[192]













6.2. Die Farbsymbolik:

„Es gibt keine ursprünglichen oder eigentlichen Bedeutungen [von Farben], sondern immer nur einen beziehungsreichen größeren Bedeutungszusammenhang und jeweilige systematische Abstufungen“.[193]

Beim Betrachten von „Eyes wide shut“ fällt ins Auge, dass die Farben Rot und Blau dominieren. Sie bilden Kontrast und Einheit zugleich. Sie stehen für den Halt der Beziehung des Ehepaares und die damit verbunden Bedrohungen, geträumt[194] oder real.
Das uns bekannte Farbspektrum reicht von Infrarot über Grün in der Mitte bis Ultraviolett am anderen Ende. Rot und Blau bilden im Film ein gegensätzliches und komplementäres Paar[195]. Zudem sind die Farben in sich selbst zerrissen.

6.2.1 Rot:

Die Farbe Rot symbolisiert bei Kubrick, seit seinem ersten Farbfilm[196] „2001: A Space Odyssey“, Gefahr und Bedrohung.[197] Unterschwellig schwingt zugleich die Bedeutung der Farbe Rot in „Eyes wide shut“ als Symbol der Liebe, Geborgenheit und Leidenschaft mit. Rot kann auch für das Männliche stehen. Rot gilt als Farbe des Feuers. Feuer steht für Leben und Tod. Rot wird außerdem als warme Farbe bezeichnet. Purpurgewänder waren früher nur Kaisern, höchsten Würdenträgern der römischen Kirche, Kardinälen, Richtern und Henkern vorbehalten.[198] Mit ihren roten Gewändern signalisieren sie ihre Funktion als Herrscher über Leben und Tod.
Abbildung 7[199]: Bill auf der Orgie

Am Beispiel der Szene 21 „Voyeure“ soll dies näher erläutert werden:
Der Richter Bills thront in einem roten Gewand auf seinem goldenen Stuhl in der Mitte. An seiner Seite stehen zwei Wächter in violettblauen[200] Gewändern. Dieses Blau symbolisiert hier die Treue zur heiligen Ordnung des Hauses. Bill steht in schwarzer Mönchskutte verlassen vor ihnen auf einem roten Teppich. Die steigende Bedrohung des Geschehens spiegelt sich in der dominierenden Farbe Rot wider. Die in schwarzen[201] Gewändern gehüllte Menge bildet einen bedrohlichen Kreis um sie. Eventuell ein Symbol für den Kreislauf des Lebens und des Todes auf farbigen Abwegen. Man erkennt an der Farbe Schwarz, dass der Tod bedrohlich nahe steht. Ihre Masken sind überwiegend weiß[202] bzw. gold. Dies symbolisiert die Maskerade ihres scheinbar anständigen Lebens. Vereinzelt sind sie Grün[203], was einem Funken Hoffnung auf Rettung oder einem guten Ausgang gleichkommt. (Vgl. Szene 21 „Voyeure“). Diese Szene enthält alle wichtigen Farben des Films, die in dieser Abbildung plakativ sind.

Blau und Rot durchziehen den ganzen Film und dominieren ihn. Man kann Blau als Antwort auf Rot sehen, und umgekehrt. Sie deuten auf die Einheit von Mann und Frau hin. Zugleich stehen sie für die Bedrohung und das Wunderbare dieser Einheit.


6.2.2 Blau:

Die Farbe Blau ist in „Eyes wide shut“ ein Symbol für Treue, aber zugleich Sehnsucht, Freiheit und Ungebundenheit.[204] Sie kann auch für das Weibliche stehen. Blau gilt als kalte Farbe. Blau ist die Farbe des Wassers. Wasser steht für Leben und Tod. Blau ist die nüchterne Reflexion zum Rot der Leidenschaft.

Am Beispiel eines Bildes der Szene 6 „Sicher Sein“ soll dies näher erläutert werden:
Abbildung 8[205]: Nicole Kidman
Alice steht zwischen den weißen Türrahmen. Weiß steht hier für das Gute und Sichere, während der blaue Hintergrund, als Warnung und Anspielung auf Alices (und Bills) Sehnsüchte, einen Kontrast dazu bildet. Neben Blau und Weiß sticht in der Szene auch das rote Bett ins Auge. Hier ein Symbol ihrer Liebe, aber zugleich der drohenden Gefahr durch die verborgenen Träume und Wünsche, die sie ihm anschließend gesteht. (Vgl. Szene 7 „Der Marine - Offizier“).





6.2.3 Das Symbol des Regenbogens:

„Der Farbkreis [ist] (...) Symbol gegensätzlicher Kräfte, die unser Leben wie Plus und Minus, Weiblich und Männlich beherrschen.“[206]

Besonders wichtig und treffend erscheint mir in „Eyes wide shut“ das Motiv des Regenbogens. Der Regenbogen ist neben dem Symbol für den Farbkreis, sieht man Alice Träume als Spiegel zu Bills realen Erlebnissen, zugleich eine graphische Darstellung des Handlungsablaufs[207]:

„Gayle: Aber ich glaube, Sie arbeiten zu hart. Nicht auszudenken, was Sie schönes verpassen.
Bill: Sie haben vermutlich Recht, also... also wo genau gehen wir überhaupt hin? Ganz genau?
Gayle: Dahin, wo der Regenbogen endet.
Bill: Wo der Regenbogen endet?!
Nuala: Wollen Sie nicht dahin, wo der Regenbogen endet?
Bill: Nun ja, kommt darauf an, wo das ist.
Gayle: Finden wir es doch einfach raus.“[208]











Anfang des Regenbogens: Der Film zeigt eine scheinbar harmonische Familie und eine intakte Beziehung zwischen Bill und Alice, in der beide zufrieden sind. Provoziert durch Alices Geständnis, beginnt Bill wie in Trance seinen unterdrückten sexuellen Wünschen, den tiefsten wundervollen Abgründen seines Inneren, nachzugehen. Der Bogen steigt. Der Höhe- und Umkehrpunkt ist der Maskenball. Alice „erlebt“ diesen gespiegelt im Traum. Der Bogen fällt. Bill geht nüchtern und sachlich alle Stationen ab, die er zuvor besucht hatte, um seiner Wahrheit ein bisschen näher zu kommen. Am Ende findet er sich bei seiner Frau und Tochter wieder. Er hat seinen Topf voller Gold entdeckt. Wohl doch nur eine Liebesgeschichte. Ende des Regenbogens.
Die Bedeutung des Regenbogens reicht weit darüber hinaus: Der Kostümverleih heißt „Rainbow Fashions“.[209] Der Regenbogen steht somit für die Maskerade, also den Schein des Lebens. Gleichzeitig ist der Regenbogen ein Symbol für das Herrliche und Ungreifbare im Leben: Die Brücke zweier Liebender. Eingebettet in den Vorspann und Abspann, die weiß und schwarz sind, also z. B. Anfang und Ende symbolisieren, versinnbildlicht der sichtbare, aber unfassbare Regenbogen das Leben in all seinen Facetten.















7. Resümee:

Schnitzler (1862 – 1931) war Schriftsteller, Arzt und schrieb für das Theater. Er war ein Mensch, der das Leben liebte und lebte. Sein Genie und seine Dichtkunst sind unbestritten. Bei seinem extremen Lebensstil und dem Ausmaß seines Werkes könnte man glauben, er versuchte dem Tod zu entkommen und wollte das Leben voll ausschöpfen.
Kubrick (1928 – 1999) war Regisseur, Filmtechniker und filmte für das Kino. Er war ein Mensch, der im Kreise der Familie lebte. Sein fantastischer Stil und sein Werk zeichnen ihn aus. Er war ein ruhiger ausgeglichener Schachspieler, der bezogen auf seine Filme, für die er sich viel Zeit ließ, fast immer den Sieg davon trug.
Die „Traumnovelle“ und „Eyes wide shut“ handeln von einem Ehepaar mit Kind, das vom Schein und Sein des Lebens in eine Beziehungskrise gestürzt wird. Sie versuchen, das zauberhafte Märchen zu verstehen und finden am Ende vielleicht für immer zusammen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Interpretieren und analysieren kann man die „Traumnovelle“ und „Eyes wide shut“ auf tausend Arten: Als ein Märchen; als eine Psychoanalyse; als eine Weltdeutung; als einen Regenbogen; als Wissenschaft und Kunst.














8. Schlusswort:

„Habe nun, ach ! Schnitzler, Kubrick,
die Traumnovelle und Eyes wide shut
und leider auch die Analysiererei !
Durchaus studiert, mit heiß` Bemühn.
Da steh` ich nun ich armer Thor !
Und seh soviel als wie zuvor.“

Ende. Danke.

Abbildung 9[210]: „Sonnenaufgang“






9. Literaturverzeichnis:

Primärliteratur:

- Kubrick, Stanley / Raphael, Frederic / Schnitzler, Arthur (1999): Eyes Wide Shut/ Traumnovelle. Frankfurt am Main. (= Traumnovelle / Eyes wide shut)

Zitierte Sekundärliteratur:

- Arnold, Heinz-Ludwig [Hrsg.] (1998): Text und Kritik, Heft 138 / 139, Arthur Schnitzler. München. (= Arnold 1998)
- Bodde, Gerrit (2002): Die Musik in den Filmen von Stanley Kubrick. Osnabrück. (=Bodde 2002)
- Freud, Sigmund (92002): Abriss der Psychoanalyse. Frankfurt am Main.
- Freud, Sigmund (102000): Die Traumdeutung. Frankfurt am Main. (=Freud 1900)
- Kilb, Andreas / Rother Rainer u.a. (1999): Stanley Kubrick. Berlin. (=Kilb 1999)
- Kurzrock Ruprecht [Hrsg.] (1983): Farbe: Material – Zeichen – Symbol. Berlin. (= Kurzrock 1983)
- Seeßlen, Georg / Jung, Fernand (1999): Stanely Kubrick und seine Filme. Marburg. (= Seeßlen 1999)
- Schnitzler, Heinrich [Hrsg.] u.a. (1981): Arthur Schnitzler: Sein Leben – Sein Werk – Seine Zeit. Frankfurt am Main. (= Schnitzler 1981)
- Storr, Anthony (1989): Freud. Freiburg.
- Wahrig Gerhard, Professor Dr., (1985): Fremdwörterlexikon. München.
- Walker Alexander (1999): Stanley Kubrick, Leben und Werk. Berlin. (= Walker 1999)

Ergänzende Sekundärliteratur:
- Gast, Wolfgang (1993): Film und Literatur, Grundbuch, Einführung in Begriffe und Methoden der Filmanalyse. Frankfurt am Main.
- Kamp, Werner / Rüsel Manfred (1998): Vom Umgang mit Film. Berlin.
- Lehmann, Jakob [Hrsg.] (1980): Deutsche Novellen von Goethe bis Walser, Band 2. Königstein.
- Mikos, Lothar (2003): Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart.
- Monaco, James (1995): Film verstehen. Hamburg.
- Paech, Joachim (21997): Literatur und Film. Stuttgart.
- Raphael, Frederic (1999): Eyes wide open. Hamburg.

Filmverzeichnis:

- Arte (2003): Stanley Kubrick – Ein Leben für den Film. Arte, 06.03.03, 22.10 – 0.35 Uhr.
- Kubrick Stanley (1999): Eyes wide shut. New York. Verleih: Warner Bros. (= Eyes wide shut)

Musikverzeichnis:

- Reprise Records (1999): Music From The Motion Picture, Eyes wide shut. Verleih: Warner Bros. (= Soundtrack, Eyes wide shut)

10.Anhang

A) Erklärung
B) Schnitzlers Werk – Überblick
C) Kubricks Werk – Überblick
D) Fakten zu „Eyes wide shut“
E) Eingangszitat: „Picasso“: http://home.t-online.de/home/humanist.aktion/kunst.htm
F) Abbildung 1: „Wasserfall“: http://www.kunstreflex.de/Oelbilder/Wasserfall2.jpg
G) Abbildung 4: „Zeitungsverkäufer“: http://www-personal.umich.edu/~jbmorgan/look.html
H) Abbildung 9: „Sonnenaufgang“: http://www.saraswati-tours.de/Bilder/SonnenaufgangBromo.jpg
I) Szenenindex der DVD „Eyes wide shut“
J) Facharbeit auf CD





















[1] http://www.kunstreflex.de/Oelbilder/Wasserfall2.jpg
[2] http://home.t-online.de/home/humanist.aktion/kunst.htm
[3] Schnitzler, Heinrich (1981): Arthur Schnitzler: Sein Leben – Sein Werk – Seine Zeit. Frankfurt am
Main. (= Schnitzler 1981) S. 92.
[4] Schnitzler, Heinrich (1981): Arthur Schnitzler: Sein Leben – Sein Werk – Seine Zeit. Frankfurt am
Main. (= Schnitzler 1981) S. 12.
[5] Siehe 10. „Anhang“.
[6] Schnitzler 1981. S. 31.
[7] Schnitzler 1981. S. 31.
[8] Vgl. Schnitzler 1981. S. 94.
[9] Vgl. Arnold, Heinz-Ludwig [Hrsg.] (1998): Text und Kritik, Heft 138 / 139, Arthur Schnitzler.
München. (= Arnold 1998) S. 3-20.
[10] Schnitzler 1981. S. 56.
[11] VE = Veröffentlichung.
[12] UA = Uraufführung.
[13] BA = Buchausgabe.
[14] Arnold 1998. S. 4.
[15] Vgl. Arnold 1998. S. 12.
[16] Schnitzler 1981. S. 67.
[17] Vgl. Schnitzler 1981. S. 69.
[18] Vgl. Arnold 1998. S. 4.
[19] Schnitzler 1981. S. 78.
[20] PD = Privatdruck.
[21] Schnitzler 1981. S. 74.
[22] Schnitzler 1981. S. 89.
[23] Schnitzler 1981. S. 96.
[24] Schnitzler 1981. S. 97.
[25] Schnitzler 1981. S. 103.
[26] Schnitzler 1981. S. 114.
[27] Schnitzler 1981. S. 118.
[28] PEN: Poets, Essayists, Novelists. PEN ist eine Vereinigung politisch aktiver Schriftsteller.
[29] Vgl. Arnold 1998, S. 5.
[30] Vgl. Schnitzler 1981. S. 132.
[31] Vgl. Schnitzler 1981. S. 112.
[32] Vgl. Seeßlen, Georg / Jung, Fernand (1999): Stanely Kubrick und seine Filme. Marburg. (= Seeßlen
1999) S .2.
[33] In Kubricks Filmen finden sich häufig Schach-Motive wieder: Das tatsächliche Schachspiel in „2001:
A Space Odyssey“ (Großbritannien 1968) oder die Schachbrettartigen Fußbodenmuster in „Paths of
Glory“ (USA 1957), „A Clockwork Orange“ (Großbritannien 1971) und „The Shining“(Großbritannien
1980).
[34] Walker Alexander (1999): Stanley Kubrick, Leben und Werk. Berlin. (= Walker 1999) S. 10.
[35] Gemeint ist die Theorie und Praxis des Schwarz-Weiss Films.
[36] Gemeint ist die Dreikomponententheorie des Farb-Films: Rot, Grün und Blau bilden die Grundlage.
[37] http://www-personal.umich.edu/~jbmorgan/look.html
[38] Vgl. Walker 1999. S. 11f.
[39] Walker 1999. S. 15.
[40] Vgl. Walker 1999. S. 16ff.
[41] Vgl. Walker 1999. S. 19ff.
[42] Vgl. Walker 1999. S. 21.
[43] Vgl. Walker 1999. S.22f.
[44] Vgl. Walker 1999. S.27f.
[45] Vgl. Walker 1999. S.28ff.
[46] Vgl. Walker 1999. S.31ff.
[47] Vgl. Walker 1999. S.33ff.
[48] Das Motiv der Orientierungslosigkeit, d.h. Bill wird gelenkt und weiß nicht, wohin er in
Wirklichkeit kommt, tritt auch in „Eyes wide shut“ (Großbritannien 1999) auf: Die verwinkelte
Wohnung des Paares und Bills ungerichtetes Handeln symbolisieren dies.
[49] Vgl. Kubrick Stanley (1999): Eyes wide shut. New York. Verleih: Warner Bros. (= Eyes wide
shut) Szene 5. (Aufgeteilt nach dem Szenenverzeichnis der DVD, siehe Anhang)
[50] Kubrick Stanley/ Raphael Frederic/ Schnitzler Arthur/ (1999): Eyes Wide Shut / Traumnovelle.
Frankfurt am Main. ( = Traumnovelle / Eyes wide shut) S. 11.
[51] Vgl. 5.2. „Das Motiv des Märchens“.
[52] Pendant in „Eyes wide shut“: Helena Harford (Madison Eginton). Zugleich ist sie Symbol für Leben
und Familie.
[53] Symbol der heiligen Ehe. Der Ehering als Symbol des Kreises und einer Art Nibelungentreue.
[54] Pendant in „Eyes wide shut“: Bill Harford (Tom Cruise).
[55] Pendant in „Eyes wide shut“: Alice Harford (Nicole Kidman). Nicole Kidman und Tom Cruise waren
zur Zeit des Drehs verheiratet, haben sich aber inzwischen wieder getrennt. Bemerkenswert ist auch
deren schauspielerische Leistung.
[56] Vgl. 4.3.2 „Der Ort“.
[57] Man erkennt das Motiv der Kommunikation. Dazu gehört bedingungslose Offenheit und Lüge.
[58] Vgl. 4.3.3 „Die Zeit“.
[59] Pendants in „Eyes wide shut“: Gayle (Louise Taylor) und Nuala (Stewart Thorndike).
[60] Pendant in „Eyes wide shut“: Sandor Szavost (Sky Dumont).
[61] Man erkennt das Motiv des sexuellen Triebes.
[62] Man erkennt das Motiv der Liebe.
[63] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S.11f.
[64] Vgl. Eyes wide shut. Szene 1 – 5.
Kubrick geht in „Eyes wide shut“ chronologisch vor, der Ball entspricht den Szenen 1-5: Szene 1
„Fertig für die Party“ stellt die Vorbereitungen zum Ballfest dar, anschließend führt Kubrick in Szene 2
„Nick Nightingale“ den Gastgeber der Weihnachtsparty Victor Ziegler (Sydney Pollack) und schon
Nick Nightingale (Todd Field) ein. Bei Schnitzler taucht Nachtigall erst später auf, Ziegler hat kein
entsprechendes Pendant. Szene 3 „Die Kunst der Liebe“ befasst sich mit Alice Versuchung durch
Sandor Szavost, während sich Szene 4 „Am Ende des Regenbogens“ mit Bills Verlockung durch Gayle
und Nuala befasst. In Szene 5 „Um Mandy kümmern“ wird Mandy (Julienne Davis) eingeführt: Bill
hilft Ziegler, der mit Mandy fremdgeht, aus der Klemme, indem er Mandy, die zuviel Drogen
genommen hat, behandelt. (Mandy entspricht bei Schnitzler der unbekannten Retterin, wobei diese bei
Kubrick zwar von Ziegler als Mandy identifiziert wird, aber von einer anderen Schauspielerin gespielt
wird). Anschließend verbringen Bill und Alice eine leidenschaftliche Nacht.
[65] Man erkennt das Motiv des Unbewussten. Dazu gehört auch das Halbbewusste.
[66] Man erkennt das Motiv des Bewussten. Dazu gehört auch das Halbbewusste.
[67] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.13.
[68] Man erkennt das Motiv der Treue und Untreue.
[69] Pendant in „Eyes wide shut“: Marineoffizier (Gary Goba).
[70] In „Eyes wide shut“: Cape Cod.
[71] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.13f.
[72] Man erkennt das Motiv der Rache.
[73] Im Film fehlt diese Geschichte: Bill sitzt fassungslos da, bis das Gespräch durch den Anruf von Marion
Nathonson unterbrochen wird.
[74] Motiv des pädophilen Verlangens und der Jugend. Gehört zu dem Motiv des Sexualtriebs und der
Freiheit.
[75] Vgl.Eyes wide shut / Traumnovelle. S.15f.
[76] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.16.
[77] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S.17f.
[78] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.17.
[79] Motiv der Gesellschaftskritik (Sexualmoral).
[80] Vgl. Eyes wide shut. Szenen 6 – 7.
Kubrick zeigt in Szene 6 „Sicher sein“, wie aus dem harmlosen Gespräch ein Streit entsteht und führt,
wie Schnitzler, die moderne Rolle der aktiven Frau an. Bill bleibt passiv, argumentiert logisch und
sachlich, ohne Sehnsüchte preiszugeben. Bill ist sich dessen gar nicht bewusst, sondern hält seine
Beziehung mit Alice und alles andere für selbstverständlich. In Szene 7 „ Der Marine-Offizier“ gesteht
Alice ihre Sehnsucht nach anderen Männern und erschüttert den regungslos lauschenden Bill.
[81] Man erkennt das Motiv des Todes. Dazu gehört auch die Gefahr.
[82] Pendant in „Eyes wide shut“: Marion (Marie Richardson).
[83] Pendant in „Eyes wide shut“: Carl (Thomas Gibson).
[84] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.22.
[85] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S.20-25.
[86] Vgl. Eyes wide shut. Szene 8 – 9.
Szene 8 „Anruf für den Arzt“ beschreibt den Besuch bei Marion. Auf der Fahrt denkt Fridolin an Alice
und den Marineoffizier in Form von Schwarz-Weiss Bildern. Die Beziehung zwischen Marion und
Carl spiegelt Bill und Alice wider. Szene 9 „Ich liebe dich“ bildet das Liebesgeständnis Marions. Es
erinnert Bill an die Begierde seiner Frau und der damit verbundenen Möglichkeit der Untreue.
[87] Couleurstudenten sind Studenten die einer Studentenverbindung angehören. Man erkennt das Motiv der
sozialen Ohnmacht und Freiheit. Dazu gehören seine gesellschaftlichen Zwänge als Arzt und
verheirateter Familienvater gegenüber der Freiheit der Jugendlichen. Fridolin / Bill fühlt sich an seine
„wilde“ Studentenzeit erinnert.
[88] Vgl. Eyes wide shut. Szene 10.
In Szene10 „Auf der Straße“ stellt Kubrick die Begegnung mit Studenten dar.
[89] Pendant in „Eyes wide shut“: Domino (Vinessa Shaw).
[90] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S.26-32.
[91] In Szene 11 „In den Händen von Domino“ zeigt Kubrick die Begegnung Bills mit der Prostituierten
Domino. Es folgt die Szene 12 „Unterbrechung“: Das Verhältnis mit Domino wird nicht freiwillig
aufgegeben, sondern durch einen Anruf von seiner Frau unterbrochen. Trotzdem bezahlt er die
Prostituierte, die das Geld dankend annimmt.
[92] Pendant in „Eyes wide shut“: Nick Nightingale (Todd Field). Nachtigall ist ein Symbol für die
unbewussten Wünsche, die nachts immer wiederkehren. Nicht umsonst muss Nachtigall blind spielen.
[93] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S.33ff.
[94] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S.38ff.
[95] Vgl. Eyes wide shut. Szene 13.
In der 13. Szene „Sonata Café“ besucht dort Bill, der durch das vorherige Treffen auf Zieglers Party
um seinen Aufenthaltsort wusste, Nick Nightingale. Angeregt durch die Studenten geht er zu seinem
ehemaligen Mitstudent. Er erfährt die Umstände seines Arbeitsverhältnisses und das Passwort
„Fidelio“ für die Orgie. Fridolin erfährt dies erst, nachdem er bei dem Kostümverleih war.
[96] Pendant in „Eyes wide shut“: Milich (Rade Sherbedgia).
[97] Vgl. Eyes wide shut/ Traumnovelle. S.41ff.
[98] Vgl. Eyes wide shut. Szene 14 – 15.
Die Szene 14 „Verhandlungssache“ zeigt den Besuch bei dem Kostümverleih Rainbow Fashions.
Die Szene 15 „Kein Anstandsgefühl“ beinhaltet Bills Begegnung mit der jungen Nymphe.
[99] Vgl. 4.2.1 „Das Passwort“.
[100] Vgl. Eyes wide shut. Szene 16.
Die Szene 16 „Der Landsitz“ zeigt die Taxifahrt Bills zum Landsitz, währenddessen denkt er wieder an
den Marineoffizier und seine Frau. Ihn beunruhigt die Vorstellung seiner untreuen Frau. Kubrick stellt
dies in Form von Schwarz-Weiss Einblendungen dar.
[101] Vgl. Eyes wide shut. Szene 17.
Die Szene 17 „Nicks Job“ zeigt erste eindrucksvolle Bilder der Versammlung und Nick Nightingale
beim Klavierspiel.
[102] Pendant in „Eyes wide shut“: Mysteriöse Frau ( gespielt von Abigail Good) bzw. Mandy (Julienne
Davis). Von Ziegler erfährt man später, dass es Mandy gewesen sein soll.
[103] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 47ff.
[104] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 48.
[105] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 49ff.
[106] Vgl. Eyes wide shut. Szene 18 – 20.
In der Szene 18 „Erste Warnung“ wird das Geschehen der Orgie weiter vorangetrieben und Bill von
einer geheimnisvollen Frau gewarnt. Die Szene 19 „Im Untergrund“ zeigt, wie sich Bill weiter unter
die Treibenden mischt. Die Szene 20 „Mysteriöse Frau“ zeigt die vergeblichen Versuche der
Unbekannten als Warnerin Bill zur Vernunft zu bringen: Er soll verschwinden, solange er noch kann.
[107] Vgl. Eyes wide shut/ Traumnovelle, S. 52f.
[108] Vgl. 4.2.2 „Die Maske“.
[109] Vgl. Eyes wide shut. Szene 21.
Szene 21 „Voyeure“ zeigt Bill und seine Richter. Im Gegensatz zu Fridolin ist Bill bereit sich zu
demaskieren.
[110] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 53.
[111] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 54.
[112] Vgl. Eyes wide shut. Szene 22.
In der Szene 22 „Kein Zurück“ stellt Kubrick die Opfergeste der Unbekannten dar. Bill wird zudem
gewarnt alle Nachforschungen zu unterlassen.
[113] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 55ff.
[114] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 60ff.
[115] Vgl. Eyes wide shut. Szene 23- 24.
Die Szene 23 „Zuhause“ zeigt Bills Erscheinen in der Wohnung. Er ist bereits demaskiert. Alice
schläft und erwacht aus einem Traum. Die Szene 24 „Alices Traum“ zeigt Alice, wie sie Bill ihren
Traum von der Orgie und den damit verbundenen Tod Bills schildert.
[116] Vgl. Eyes wide shut. Szene 25.
In der Szene 25 „Auf der Suche nach Nick“ erfährt Bill Nicks Aufenthaltsort.
[117] Vgl. Eyes wide shut. Szene 26.
In der Szene 26 „Der Empfangschef“ erfährt er von eben diesem, dass Nick bereits weg sei und von
zwei Männern gewaltsam dazu gedrängt wurde.
[118] Vgl. Eyes wide shut. Szene 27.
Die Szene 27 „Rückgabe des Kostüms“ zeigt Bill, wie er sein Kostüm zurückbringt. Er hat
anscheinend die Maske vergessen. Bemerke: Logische Vorgehensweise Kubricks.
[119] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.75.
[120] Vgl. Eyes wide shut. Szene 28.
Die Szene 28 „Zweite Warnung“ beinhaltet Bills Aufsuchen des Anwesens, wo er die zweite Warnung
erhält.
[121] Vgl. Eyes wide shut. Szene 29.
Die Szene 29 „In seinem Kopf“ zeigt Bill zuhause bei Helena und Alice. Er kann keinen klaren
Gedanken fassen und denkt an den Traum Alices von der Orgie und seiner Hinrichtung. Zudem wird
er gequält von der Vorstellung, dass seine Frau Sex mit dem Marineoffizier hat. Vergeblich
versucht er Marion per Telefon zu erreichen.
[122] Pendant in „Eyes wide shut“: Sally (Fay Masterson).
[123] Vgl. Eyes wide shut. Szene 30 - 31.
In der Szene 30 „Sallys Neuigkeiten“ erfährt Bill, dass Domino HIV-positiv ist. In der Szene 31
„Unter Verfolgung“ wird gezeigt, wie Bill von einem Unbekannten beobachtet und verfolgt wird. Dies
ist als dritte Warnung zu verstehen. Bei Schnitzler gibt es diese Szene in anderem Zusammenhang.
[124] Eyes wide shut / Traumnovelle, S.83.
[125] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.84.
[126] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.92
[127] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.92
[128] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.93
[129] Vgl. Eyes wide shut. Szene 32.
Durch die Szene 32 „Auf der Suche nach Mandy“ erfährt Bill aus der Zeitung: „Ex-Beauty Queen in
hotel drugs overdose“. Er sieht in dieser Frau seine Retterin, die sich für ihn geopfert hat. Außerdem
wird beschrieben, wie Bill Amanda Curran alias Mandy in der Leichenhalle besucht.
[130] Vgl. Eyes wide shut. Szene 33 – 35.
Im Film folgen hier noch Szene 33 „Keine Spiele“, Szene 34 „Was wirklich geschah“ und Szene 35
„Das Leben geht weiter“: Sie zeigen Bills Besuch bei Ziegler. Im Gespräch mit Ziegler erfährt Bill,
dass die mysteriöse Frau Mandy gewesen sei. Im Buch bleibt offen wer die Unbekannte ist und warum
sie sich für Fridolin opfert. Außerdem wird er aufgefordert seine Nachforschungen endgültig
einzustellen. Vgl. 4.2.3 „Die Person Victor Ziegler“.
[131] Vgl. Eyes wide shut. Szene 36.
Die Szene 36 „William kommt nach Haus“ zeigt wie Bill beim Anblick der Maske in Tränen ausbricht
und Alice nun alles erzählen will.
[132] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 94.
[133] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 94.
[134] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 95.
[135] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 95.
[136] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 96.
[137] Vgl. Eyes wide shut. Szene 37 – 38.
In „Eyes wide shut“ folgt die Szene 37 „Für immer“, die sie bei einem gemeinsamen Einkauf zeigt.
„Eyes wide shut“ schließt wie folgt: Bill: „Für immer.“ Alice: „Für immer ?“ Bill: „Für immer.“ Alice:
„Nein. Lass uns dieses Wort nicht benutzen. Es ist mir unheimlich. Trotzdem weiß ich genau: Ich liebe
dich. Äh, ja, und es gibt etwas sehr Wichtiges, das wir äußerst dringend machen müssen.“ Bill: „Was
denn ?“ Alice: „Ficken.“ – Anschließend folgt der Abspann in Szene 38 „Abspann“.
[138] Vgl. Eyes wide shut. Szene 5.
[139] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 46.
[140] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 14.
[141] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 17.
[142] Vgl. Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 94.
[143] Seeßlen, Georg / Jung, Fernand (1999): Stanely Kubrick und seine Filme. Marburg. (= Seeßlen 1999)
S. 287.
[144] Seeßlen 1999. S. 287.
[145] Vgl. Kilb, Andreas / Rainer Rother u.a. (1999): Stanley Kubrick. Berlin. (=Kilb 1999) S.245.
[146] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 48.
[147] Seeßlen 1999. S. 291.
[148] Vgl. Kilb1999. S. 245.
[149] Vgl. 6.2.1 „Rot“.
[150] Eyes wide shut / Traumnovelle. S.77.
[151] Vgl. 5.1 „Schnitzler als Psychologe“.
[152] Wahrig Gerhard, Professor Dr., (1985): Fremdwörterlexikon. München. S.509.
[153] Seeßlen 1999. S.280.
[154] Seeßlen 1999. S.283.
[155] Seeßlen 1999. S. 283.
[156] Angeblich soll sich Kubrick an geheimen Maskenbällen der damaligen New Yorker High Society
angelehnt haben.
[157] Freud, Sigmund (92002): Abriss der Psychoanalyse. Frankfurt am Main. S.5.
[158] Schnitzler 1981. S. 107.
[159] Seeßlen 1999. S. 280.
[160] Schnitzler 1981, S.108.
[161] Freud, Sigmund (102000): Die Traumdeutung. Frankfurt am Main. S.7.
[162] Seeßlen. S.280.
[163] Storr, Anthony (1989): Freud. Freiburg. S.5.
[164] Seeßlen, S.281.
[165] Seeßlen. S. 281.
[166] Vgl. Arnold, Heinz-Ludwig [Hrsg.] (1998): Text und Kritik, Heft 138 / 139, Arthur Schnitzler.
München. (= Arnold 1998) S. 123.
[167] Dies gilt auch für Kubricks „Eyes wide shut“.
[168] Arnold 1998. S. 123.
[169] Auch bei Kubrick taucht das Motiv des Märchens auf. Jedoch ist das Weihnachtsmärchen versteckter:
Helena schaut sich eine „Weihnachtsgeschichte“ an. Milichs Tochter rät ihm den Umhang mit dem
„Hermelinrand“ zu wählen. Beides sind Anspielungen auf das Märchenmotiv. Fridolin als Prinz, der
seine Prinzessin sucht. Alice erlebt im „Wunderland“, was Bill versucht „handfest“ auszukosten, und
sieht, wovon er und sie bedroht werden.
[170] Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 11.
[171] Vgl. Arnold 1998. S. 124.
[172] Arnold 1998. S. 124.
[173] Vgl Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 48.
[174] Vgl Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 43.
[175] Vgl. Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 62.
[176] Arnold 1998. S. 125.
[177] Vgl. Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 59.
[178] Vgl. Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 93.
[179] Arnold 1998. S. 132.
[180] Vgl. Arnold 1998. S. 126.
[181] Vgl. Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 11.
[182] Vgl. Arnold 1998. S. 131.
[183] Bodde, Gerrit (2002): Die Musik in den Filmen von Stanley Kubrick. Osnabrück. (=Bodde 2002)
S. 159.
[184] Weiß und Schwarz als Symbol für Gut und Böse. (Vgl. Kurzrock 1983, S.54) Symbol für Leben (Eros)
und Tod (Thanatos). Symbol für Plus und Minus. Symbol für die Polarität der Welt. Auch bei
Schnitzler tritt diese Vorstellung auf: „sternbesäter Nachthimmel“, „Schattengestalten“ und
„Lichtstrahl“(Vgl. Traumnovelle / Eyes wide shut, S.11, S.12, S.95)
[185] Reprise Records (1999): Music From The Motion Picture, Eyes wide shut. Verleih: Warner Bros. (=
Soundtrack, Eyes wide shut) Titel 2.
[186] Bildton bedeutet, dass der Ton bzw. die Musik aus der Szene stammt. Die Musik wird vom Zuschauer
und den handelnden Personen wahrgenommen.
[187] Vgl. Bodde 2002. S. 145.
[188] Vgl. Bodde 2002. S. 145.
[189] Fremdton bedeutet, dass der Ton bzw. die Musik die Szene begeleitet. Die Musik wird nur von den
Zuschauern wahrgenommen.
[190] Eyes wide shut / Traumnovelle. S. 184.
[191] Soundtrack, Eyes wide shut. Titel 2 und 14.
[192] Vgl. Bodde 2002 S.145.
[193] Vgl. Kurzrock, Ruprecht [Hrsg.] (1983): Farbe: Material – Zeichen – Symbol. Berlin. (= Kurzrock 1983) S.50.
[194] Kubrick stellt die Träume in Schwarz und Weiß dar. Dies soll sie von der realen Handlung abgrenzen.
[195] Nicht im Sinne der Komplementärfarben.
[196] Abgesehen von „Spartacus“, den er unter Aufsicht von Kirk Douglas drehte.
[197] Vgl. Walker 1999, S. 224ff.
[198] Vgl. Kurzrock, Ruprecht [Hrsg.] (1983): Farbe: Material – Zeichen – Symbol. Berlin. (= Kurzrock 1983) S.49.
[199] Vgl. Eyes wide shut. Szene 21 „Voyeure“.
[200] Vgl. 6.2.2 Blau.
[201] Schwarz = Tod.
[202] Gold / Weiß = Leben = Gut. Auch der Glanz bzw. Schein des Lebens wird so vermittelt. Nicht alles,
was glänzt, ist Gold.
[203] Grün = Hoffnung. (Vgl. Kurzrock 1983, S.50.)
[204] Vgl. Kurzrock 1983. S. 16.
[205] Vgl. Eyes wide shut. Szene 6.

[206] Kurzrock 1983. S. 12 – 13.
[207] Auch in der „Traumnovelle“ bildet der Verlauf einen strengen Handlungsbogen, der sich in den
Träumen und Sehnsüchten Albertines spiegelt.
[208] Eyes wide shut. Szene 4 „Am Ende des Regenbogens“.
[209] Traumnovelle / Eyes wide shut. S. 139.
[210] http://www.saraswati-tours.de/Bilder/SonnenaufgangBromo.jpg